Werden bei einem Telefongespräch Informationen ausgetauscht oder auch in Erwartung, nur den Geschäftspartner/ Arbeitnehmer am anderen Ende zu haben, Äußerungen getätigt, die für einen Prozessverlauf erheblich sind, so stellt sich die Frage, ob ein Zeuge, der dem Gespräch beiwohnte, als Beweismittel herangezogen werden kann.
Im aktuellen Fall drohte ein Arbeitgeber mit der Kündigung, wenn der arbeitsunfähig krankgeschriebene Arbeitnehmer nicht zur Arbeit erscheine. Die anschließende Kündigung könnte wegen § 612a BGB nicht rechtmäßig sein, da die Freundin des Arbeitnehmers (zufällig?) das Gespräch mithörte. Bislang galt es als gefestigte Rechtsprechung, dass jemand, der als Anwesender ein Telefonat mithört, nur dann als Zeuge gehört werden darf, wenn der Gesprächspartner vorher auf die Anwesenheit des Dritten hingewiesen hatte. Auch die Arbeitsgerichte hielten dies bislang so.
Nunmehr hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, nach der Art der Kenntniserlangung differenzieren zu wollen (BAG v. 23.4.2009 – 6 AZR 189/08). Wurde nicht zielgerichtet mitgehört – etwa durch den Einsatz einer Freisprechanlage – dann soll der zufällig mithörende Zeuge als Beweismittel verwertbar sein. Es verwies den oben aufgezeigten Rechtstreit zur Klärung dieser Frage an die Ausgangsinstanz zurück. Damit durchbricht das BAG die bisherige gefestigte Rechtsprechung und schafft weitere Beweisprobleme bei der vorgelagerten Frage: zufälliger oder zielgerichteter Lauschzeuge???
Praxishinweis: Auch wenn es nicht wahrscheinlich ist, dass die bislang gefestigte Rechtsprechung jetzt die geänderte Rechtsprechung des BAG ohne weiteres übernimmt, sollte doch noch stärker als bisher darauf geachtet werden, wie am Telefon agiert wird. Es bleibt abzuwarten und zu hoffen, dass bald die vorherige einheitliche Rechtsprechung wieder hergestellt wird.
Rechtsanwalt Tobias Michael, LL.M.oec