Bevor ich meine Ausbildung begonnen habe, habe ich ein zweimonatiges Praktikum im selben Unternehmen absolviert. Hiernach hat sich meine Ausbildung mit einer Probezeit von vier Monaten angeschlossen. Mein Ausbildungsbetrieb hat mir eine fristlose Kündigung ausgesprochen, mit der Begründung ich befände mich noch in der Probezeit und könne daher ,,von jetzt auf gleich“ gekündigt werden. Ich bin der Meinung, dass die Probezeit schon abgelaufen ist, da die zwei Monate Praktikum angerechnet werden müssen. Wer hat nun Recht?
So wie die Dinge liegen, scheint Ihr Ausbildungsbetrieb die Situation richtig einzuschätzen. Regelmäßig wird die Praktikumszeit nicht auf die Probezeit angerechnet, da Praktikum und Probezeit jeweils zwei unterschiedliche Zielrichtungen verfolgen. Die Probezeit soll den Vertragspartnern die Möglichkeit geben, sich gegenseitig kennenzulernen. Der Auszubildende und der Ausbildungsbetrieb sollen überprüfen, ob der Auszubildende überhaupt für den Beruf geeignet ist und ob er es schafft, sich in die betrieblichen Abläufe und seine Lernpflichten einzuordnen. Diese engen Beziehungen bestehen während eines Praktikums nicht. Während eines Praktikums soll der Praktikant den Beruf ohne die dargestellten Verpflichtungen kennenlernen. Vor allem bestehen für den Praktikanten nicht solche Lernverpflichtungen, wie in der Probezeit. Erst während der Probezeit kann der Ausbilder sich ein Bild darüber machen, wie sich der Azubi in die tatsächlichen betrieblichen Abläufe einfügt und seinen Lernverpflichtungen nachkommt. Im Praktikum obliegt es dem Unternehmen lediglich das praktische Geschick und die Person des Praktikanten zu beurteilen.
Trotz allem würde ich Ihnen empfehlen, rechtlichen Rat einzuholen. So wird durchaus darum gestritten, ob eine Anrechnung nicht dann erfolgen muss, wenn sich die Probezeit direkt an die Praktikumszeit anschließt. Insbesondere wäre zu überprüfen, ob die Praktikumszeit bereits die oben aufgezählten Kriterien einer Probezeit erfüllt hat.
Autorin: Rechtsanwältin Christel Hahne