Wer in einem Prozess etwas geltend macht, muss in der Regel die für ihn günstigen Umstände vortragen und beweisen, damit das Gericht diese überprüfen und ihm gegebenenfalls die geltend gemachte Forderung zusprechen kann. Schwierig wird das immer dann, wenn der Kläger nur eingeschränkte Kenntnisse von den Umständen hat, die für seine Klageforderung von Belang sind. Behelfen kann sich der Kläger in diesen Fällen, in dem er das Gericht die Höhe der Forderung schätzen lässt. Allerdings muss er auch für eine Schätzung dem Gericht ausreichend Fakten an die Hand geben.
In einem aktuellen Fall hatte das Bundesarbeitsgericht darüber zu entscheiden, ob die Vorinstanz einen Bonus anstelle des Arbeitgebers festzusetzen hat, wenn dieser im Prozess nicht begründet hatte, weshalb der Bonus des klagenden Arbeitnehmers für das im Streit stehende Jahr auf null reduziert hatte (BAG, Urt. v. 03.08.2016 – 10 AZR 710/14).
Im Jahr zuvor hatte der klagende Bankangestellte noch eine erhebliche Bonuszahlung erhalten. Daher gehe es nicht zu Lasten des Klägers, wenn der beklagte Arbeitgeber zu den Bemessungsfaktoren vollständig schweigt. In diesem Falle muss sich das Gericht an dem orientieren, was die Parteien insgesamt an bestimmenden Faktoren vorgetragen haben. Dies muss das Landesarbeitsgericht, welches die Klage abgewiesen hatte, nunmehr tun.
Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael