Wird vor dem Arbeitsgericht verhandelt, sind diese Verhandlungen, bis auf eine seltene Ausnahme, gemäß § 52 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) öffentlich. Dieser Öffentlichkeitsgrundsatz verlangt, dass jedermann bei der Sitzung anwesend sein kann und sich jeder Interessierte ohne besondere Schwierigkeiten Kenntnis von Ort und Zeit der Sitzung verschaffen kann. Das Gericht muss daher sicherstellen, dass eine Verhandlung oder Beweisaufnahme an einem anderen Ort als dem Sitzungssaal ohne besondere Schwierigkeit zur Kenntnis genommen werden kann.
In einem kürzlich entschiedenen Fall, musste das Bundesarbeitsgericht darüber urteilen, ob der Öffentlichkeitsgrundsatz verletzt ist, wenn der Vorsitzende zur Einsichtnahme eines Beweisvideos die Verhandlung in sein Dienstzimmer verlegt, hierzu allerdings kein Hinweis auf der Tagesordnung der zu verhandelnden Verfahren erfolgt (BAG, Beschluss. v. 22.09.2016 – 6 AZN 376/16).
Das höchste deutsche Arbeitsgericht sah durch eine solche Verfahrensweise den Öffentlichkeitsgrundsatz verletzt. Dies allerdings nicht schon deswegen, weil als Verhandlungsort das Dienstzimmer des Vorsitzenden gewählt worden war. Dieses hätte ausreichend Platz für Zuhörer geboten. Die Rechtsverletzung folgte allerdings daraus, dass ein später erscheinender, interessierter Zuhörer nur ein leeres Sitzungszimmer vorgefunden hätte und ohne Hinweis auf der Tagesordnung von einer beendeten Sitzung ausgehen musste. Die Möglichkeit der Kontrollfunktion der Öffentlichkeit sah das BAG daher nicht mehr gewährleistet. Die Vorinstanz – das Landesarbeitsgericht – muss nun erneut verhandeln.
Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael