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Mietrecht – Darlegungslast bei einem zur Mietminderung berechtigenden Mangel (BGH, Beschluss vom 21.2.2017 – VIII ZR 1/16)

Hat eine Mietwohnung einen Mangel, der deren Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, kann der Mieter, sofern der Mangel nicht nur unerheblich ist, die Miete mindern. Ist die Mietminderung allerdings ganz oder teilweise unberechtigt, kann eine Mietminderung auch zu einem Zahlungsverzug des Mieters führen, infolgedessen der Vermieter eine Kündigung erklären und zur Räumung der Wohnung erforderlichenfalls einen Räumungsprozess führen kann. Die Mietparteien streiten in diesem Falle regelmäßig um die Berechtigung zur Mietminderung.

Im Rahmen eines solchen Räumungsverfahrens hatte der Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss vom 21.2.2017 – VIII ZR 1/16) nunmehr zu entscheiden, welche Anforderungen an die Darlegungslast des Mieters zum behaupteten Mangel zu stellen sind. Der Mieter wohnte vorliegend im vierten Obergeschoss eines hellhörigen Mehrfamilienhauses. Seit langem rügte der Mieter u.a. laute Klopfgeräusche, festes Getrampel und Möbelrücken aus der über ihm liegenden Nachbarwohnung. Aufgrund dieser Lärmbelästigungen minderte er die Miete, worauf hin der Vermieter das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs außerordentlich kündigte.

Zunächst hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass Ausgangspunkt einer Mietminderung nicht deren Ursache, sondern vielmehr die für den Mieter nachteiligen Auswirkungen bei der Nutzung der Wohnung sei. Es komme daher nicht darauf an, ob die von dem Mieter in Bezug genommenen Ursachen zu den beanstandeten Lärmbelästigungen geführt haben, sondern darauf, ob die dargelegten Lärmbelästigungen tatsächlich existiert haben.

Da die Mietminderung bereits von Gesetzes wegen eintrete, genüge der Mieter seiner Darlegungslast, wenn er einen konkreten Sachmangel vortrage, welcher die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtige. Das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung oder einen bestimmten Minderungsbetrag brauche der Mieter dabei ebenso wenig vorzutragen, wie eine Ursache des Mangels. Diese sei ohnehin regelmäßig nicht bekannt, da der Mieter als Laie eine Lärmquelle weder einer bestimmten Wohnung zuordnen könne, noch darlegen könne, dass der Lärm auf ein unangemessenes und nicht mehr sozialadäquates Wohnverhalten anderer Mieter, auf einen mangelhaften Schallschutz oder auf einer Kombination mehrerer Ursachen zurückzuführen sei. Benennt der Mieter eine, aus seiner Sicht zutreffende, Lärmursache könne hieraus nicht gefolgert werden, dass der Mieter eine Mietminderung nur dann vornehmen wolle, wenn auch tatsächlich die vermutete bzw. benannte Ursache und nicht eine andere Quelle der Lärmbelästigung sei.

Demnach seien die Gerichte dazu verpflichtet, nach Darlegung eines konkreten Sachmangels durch den Mieter, die für das Vorliegen des behaupteten Mangels angebotenen Beweise zu erheben. Dies könne beispielsweise durch Zeugenbeweis oder ein Sachverständigengutachten erfolgen. Streitgegenständlich hatte der Mieter über die beanstandeten Lärmbelästigungen sogenannte Lärmprotokolle erstellt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs bedarf es solcher Protokolle jedoch nicht, wenn der (wiederkehrende) Mangel ausreichend beschrieben wird.

Weitergehend führt der Bundesgerichtshof aus, dass der Mieter regelmäßig in seiner Wohnung lediglich den Schallschutz erwarten könne, welcher dem Standard zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes entspricht. Ob der Schallschutz des jeweiligen Gebäudes diesem Standard entspreche, könne allerdings allein durch ein Sachverständigengutachten ermittelt werden. Die Instanzengerichte seien daher verpflichtet, ein solches Gutachten einzuholen und zwar unabhängig davon, ob der Mieter ausdrücklich geltend mache, dass die Nichteinhaltung der Schallschutzvorschriften zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes Ursache des Lärms sei.

Autor: Rechtsanwalt Sebastian Hohmann