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Arbeitsrecht – Schauspieler dürfen häufig befristet werden (BAG, Urt. v. 30.08.2017 – 7 AZR 864/15)

By 20. September 2017Arbeitsrecht

Befristungen, die insgesamt länger als 2 Jahre andauern, können nach dem Teilzeit-und Befristungsgesetzes (TzBfG) etwa dann durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sein, wenn gemäß § 14 Abs.1 Nr.4 TzBfG die Eigenart der Arbeitsleistung hierfür verantwortlich ist.

Bei Verträgen mit Künstlern etwa wurde dieser Befristungsgrund anerkannt. Die Notwendigkeit der Veränderungsmöglichkeit bei der Programmgestaltung erfordere eine personelle Flexibilität. Die Befristung nach § 14 Abs.1 Nr.4 TzBfG ermögliche damit auch die Realisierung der Kunstfreiheit.

Nunmehr hatte das Bundesarbeitsgericht das Arbeitsverhältnis des Schauspielers zu überprüfen, der in der vom ZDF ausgestrahlten und im Auftrag des Fernsehsenders produzierten Krimiserie „Der Alte“ 18 Jahre lang den Kommissar „Axel Richter“ dargestellt hatte (BAG, Urt. v. 30.08.2017 – 7 AZR 864/15). Es wurden dabei immer nur Verträge abgeschlossen, die sich auf einzelne Folgen oder auf die in einem Kalenderjahr produzierten Folgen bezogen. Zuletzt wurde dem Schauspieler mitgeteilt, dass die Produktion mit ihm nicht fortgesetzt werde. Hiergegen klagte der Schauspieler und berief sich darauf, dass kein Sachgrund vorliege und auch eine unzulässig häufige Befristung, sogenannte Kettenbefristung, vorliege.

Alle Instanzen wiesen die Klage ab. Die Notwendigkeit eines Senders, eine bestimmte Rolle neu besetzen zu können, überwiege das Interesse des Arbeitnehmers an dem Erhalt seines Arbeitsplatzes. Die Befristung war daher gerechtfertigt.

In der Pressemitteilung des BAG vom 30.08.2017 hießt es hierzu:

Durch den in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG geregelten Sachgrund soll die Befristung von Arbeitsverhältnissen ua. in dem durch die Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) geprägten Gestaltungsinteresse des Arbeitgebers ermöglicht werden. Bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung und Anwendung des Sachgrunds in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG darf aber nicht allein die Kunstfreiheit Beachtung finden. Vielmehr ist auch dem nach Art. 12 Abs. 1 GG zu gewährleistenden Mindestbestandsschutz des künstlerisch tätigen Arbeitnehmers Rechnung zu tragen. Dies gebietet eine Abwägung der beiderseitigen Belange, bei der auch das Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers angemessen Berücksichtigung finden muss. Die Interessenabwägung ist Bestandteil der Sachgrundprüfung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG.

Die Befristungskontrollklage hatte danach keinen Erfolg. Die Entscheidung der Beklagten, die Rolle des Klägers nur befristet zu besetzen, beruht auf künstlerischen Erwägungen, die von der Beklagten umgesetzt wurden. Die langjährige Beschäftigung des Klägers in der Rolle des Kommissars „Axel Richter“ in der Krimiserie „Der Alte“ überwiegt nicht das Interesse an einer kurzfristig möglichen Fortentwicklung des Formats durch die Streichung der vom Kläger bekleideten, im Kernbereich des künstlerischen Konzepts liegenden und die Serie mitprägenden Rolle.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael