Lehrjahre sind keine Herrenjahre heißt es im Volksmund. Um bei einer Ausbildung dennoch zu gewährleisten, dass die auszubildende Person ihren Lebensunterhalt bestreiten kann, ist in § 17 Berufsbildungsgesetz die Mindestvergütung für Auszubildende geregelt. Häufig finden sich auch in Tarifverträgen Regelungen zur Vergütungshöhe von Auszubildenden.
In einem aktuellen Verfahren vor dem Arbeitsgericht Bonn war darüber zu entscheiden, welcher Lohnanspruch dem Auszubildenden zusteht, wenn tatsächlich keine Ausbildung erfolgt (ArbG Bonn, Urt. v. 08.07.2021 – 1 Ca 308/21). In dem Verfahren sollte laut Ausbildungsvertrag der Kläger monatlich EUR 775,00 brutto als Ausbildungsvergütung zum Gebäudereiniger erhalten. Das Ausbildungsverhältnis wurde jedoch weder bei der Innung noch bei der Berufsschule angemeldet. Stattdessen wurde der „Auszubildende“ mit 39 Stunden die Woche als Reinigungskraft eingesetzt. Der Kläger verlangte gerichtlich den Tariflohn für Beschäftigte in der Gebäudereinigung.
Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Entsprechend § 612 BGB habe der Kläger Anspruch auf die übliche Vergütung eines ungelernten Arbeitnehmers, da er statt der Ausbildung wie ein ungelernter beschäftigt wurde.
Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael