Skip to main content

Aussetzung des Verfahrens nur ausnahmsweise (LAG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 6.10.2021 – 11 Ta 1120/21)

By 29. Oktober 2021Arbeitsrecht

Es kann vorkommen, dass in einer Streitigkeit verschiedene Verfahren parallel laufen. So etwa, wenn gegen eine Kündigung vor dem Arbeitsgericht geklagt wird und parallel ein Strafverfahren läuft. Häufig ist auch die Konstellation von Kündigungsschutzprozess und Rechtsmitteln gegen die Entscheidung des Integrationsamtes bei der Kündigung Schwerbehinderter. In einer solchen Konstellation kann das Arbeitsgericht gemäß § 148 ZPO entscheiden, dass der Prozess über die Kündigung so lange ausgesetzt wird, bis über die andere Streitigkeit entschieden ist.

In einem aktuellen Verfahren hatte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg darüber zu entscheiden, ob wegen des Verdachts von Tötungsdelikten ein Kündigungsrechtsstreit ausgesetzt wird (LAG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 6.10.2021 – 11 Ta 1120/21). Die Arbeitgeberin ist eine Einrichtung, die Teilhabeleistungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Behinderungen anbietet. Gegen die fristlos gekündigte Klägerin liefen strafrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts, vier Tötungsdelikte begangen zu haben. Gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Potsdam, das Kündigungsverfahren wegen der Frage der strafrechtlichen Ermittlungen zur Schuldfähigkeit auszusetzen, erhob die Arbeitgeberin sofortige Beschwerde.

Das LAG folgte der Arbeitgeberin und hob den Beschluss des Arbeitsgerichts auf. Ein Aussetzungsgrund sei nur gegeben, wenn die strafrechtlichen Ermittlungen maßgeblich für die Entscheidung des Arbeitsgerichts seien. Bei dem Vorwurf eines Tötungsdelikts wie hier fehle die Eignung für die Tätigkeit auch unabhängig davon, ob sie schuldfähig gewesen sei oder nicht. In jedem Fall sei eine weitere Zusammenarbeit mit der Mitarbeiterin weder der Arbeitgeberin noch den weiteren Beschäftigten zumutbar.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael