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Entzug der Eigentümerstellung im WEG (LG Frankfurt am Main, Urt. v. 04.10.2021 – 2-13 S 9/21)

Neues WEG 2020: welche Möglichkeiten hat eine Wohnungseigentümergemeinschaft, wenn ein Eigentümer Lasten und Kosten partout nicht zahlt.  

Wenn eine Wohnungseigentümergemeinschaft besteht, dann sollte klar sein, dass jeder einzelne Eigentümer damit gegenüber der Gemeinschaft in der Pflicht steht. Eine solche Gemeinschaft kann auch nur funktionieren, wenn alle Eigentümer diesen Pflichten nachkommen. Zu diesen Pflichten gehören neben den in der Vorschrift des § 14 WEG ausdrücklich erfassten Verhaltensregeln auch, dass die Lasten und Kosten, die sich aus dem Eigentum für die Gemeinschaft ergeben, auch fristgemäß gezahlt werden. Verstieß ein Wohnungseigentümer gegen diese Pflichten, so konnte die übrige Gemeinschaft diesem als „letztes Mittel“ das Eigentum entziehen.

Das im Dezember 2020 modernisierte Wohnungseigentumsgesetz (WEG) regelt in der neugefassten Vorschrift des § 17 WEG die Voraussetzungen zur Entziehung des Eigentums.  Im Gegensatz zur alten Fassung § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG a.F. hat der Gesetzgeber nichtmehr das Regelbeispiel des Zahlungsverzuges in diese Vorschrift ausdrücklich aufgenommen. Es stellte sich daher die Frage, ob künftig weiterhin auch Zahlungsrückstände die Gemeinschaft dazu berechtigen können, den säumigen Eigentümer durch Urteil zum Verkauf des Eigentums zu zwingen, um im Rahmen der Zwangsvollstreckung unter Anwendung der Regeln zur Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung die ausstehenden Gelder einziehen zu können.

Besondere Beachtung fand daher in diesem Zusammenhang das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 4. Oktober 2021 (AZ.: 2-13 S 9/21).

Der Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in dem ein Wohnungseigentümer Zahlungsrückstände von ca. 12.500 € hatte. Die Wohnungseigentümergemeinschaft war zudem in den letzten 5 Jahren gezwungen, regelmäßig Rechtsstreite wegen nicht gezahlter Wohngelder, Abrechnungsspitzen aus den Jahresabrechnungen und auch Sonderumlagen, die von dem betroffenen Eigentümer nicht entsprechend gezahlt wurden, zu führen. Hierdurch entstanden der Gemeinschaft auch erhebliche Rechtsverfolgungskosten. Da der Beklagte auch auf titulierte Forderung nicht oder nur teilweise im Rahmen der Zwangsvollstreckung zahlte, sollte diesem das Eigentum entzogen werden. Nach der Klagerhebung erfolge aber die Novellierung des Gesetzes. Der Bundesgerichtshof (BGH) stellt hierzu bereits klar, dass es kein Überleitungsrecht gibt und damit ausschließlich das neue Recht aus dem WEG 2020 anzuwenden ist.

In dem Berufungsverfahren gab das Landgericht Frankfurt am Main a.a.O. der Klage statt und stellte fest, dass in diesem Zahlungsverhalten eine so erhebliche Pflichtverletzung zu sehen ist, dass die Eigentumsentziehung von der Gemeinschaft unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls beschlossen werden konnte, da das Vertrauen der übrigen Eigentümer in die Vertragstreue dieses Miteigentümers schwer verletzt ist und auch nicht wieder hergestellt werden kann.

Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass auch nach der Reform des WEG 2020 die Möglichkeit besteht, einen Entziehungsbeschluss im Einzelfall auch auf Zahlungsrückstände zu stützen. Es genügt jedoch nicht -wie in der Vergangenheit- der Verzug als solches, sondern es muss noch eine Einzelfallerwägung der Zumutbarkeit der Fortsetzung der Gemeinschaft hinzutreten.

Autor: Rechtsanwalt Frank Buchmayer