Gesetzänderungen bei Nachweisgesetz NachwG), Arbeitnehmerüberlassung (AÜG), Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG), Berufsbildungsgesetzes (BBiG) sowie Gewerbeordnung (GewO)
Bundestagsdrucksache 20/1636 in Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1152
Im Zuge der Umsetzung der obigen Richtlinie hat der deutsche Gesetzgeber kurz vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist noch einige Änderungen im Nachweisgesetz und weiteren Gesetzen beschlossen. Den wirtschaftlichen Mehraufwand sieht der Gesetzgeber eher gering. Seiner Schätzung nach erfüllen bereits 80-90% der Arbeitgeber die Pflichten (eher umgekehrt) und der Zeitaufwand für die Anpassungen wird mit 3 Minuten kalkuliert! Das dürfte eher nicht realistisch sein.
Die wesentlichen Änderungen sind nachfolgend überblicksartig aufgeführt.
Änderungen nach dem Nachweisgesetz ab 01.08.2022
Frist zur Niederlegung und Aushändigung der Vertragsbedingungen
§ 2 Satz 1 NachwG: Schriftformerfordernis! Wird dies nicht eingehalten, droht bereits allein deswegen ein Bußgeld
- § 2 I S.4 NachwG neu eingefügt => differenziert Fristen für die Aushändigung von Informationen
- § 2 I S.1 NachwG
- Niederschrift mit Informationen ist spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung auszuhändigen
- Angaben nach Satz 2 Nummern 1, 7, 8
- Name und Anschrift der Vertragsparteien
- Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts
- Vergütung von Überstunden
- Zuschläge
- Zulagen,
- Prämien
- Sonderzahlungen sowie
- anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind sowie deren Fälligkeit und die Art der Auszahlung
- vereinbarte Arbeitszeit
- vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten
- bei Schichtarbeit
- Schichtsystem
- Schichtrhythmus
- Voraussetzungen für Schichtänderungen
- Niederschrift mit Informationen ist spätestens am siebten Kalendertag nach Beginn der Arbeitsleistung auszuhändigen
- Angaben nach Satz 2 Nummern 2, 3, 4, 5, 6, 9
- Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses
- bei befristeten Arbeitsverhältnissen: das Enddatum / vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses
- Arbeitsort / ggf. Hinweis auf freie Wahl des Arbeitsortes durch den Arbeitnehmer
- kurze Charakterisierung / Beschreibung der zu leistenden Tätigkeit
- sofern vereinbart die Dauer der Probezeit
- bei Arbeit auf Abruf nach § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes:
- Erbringung der Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall
- Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden
- Zeitrahmen (Referenztage und Referenzstunden) für die Erbringung der Arbeitsleistung
- die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat
- Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
- Niederschrift mit Informationen ist spätestens einen Monat nach Beginn der Arbeitsleistung auszuhändigen
- Angaben nach Satz 2 Nummern 11 bis 15
- Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
- Etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
- wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt: Name und Anschrift dieses Versorgungsträgers
- Kündigungsverfahren
- mindestens das Schriftformerfordernis
- Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses,
- Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage;
- Die dreiwöchige Ausschlussfrist des § 7 KSchG auch bei nicht ordnungsgemäßem Nachweis der Mitteilung der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden!
- Verstöße werden durch Bußgeld, nicht durch Unwirksamkeit der Kündigung sanktioniert. Keine Zulassung verspäteter Kündigungsschutzklagen
- Hinweis auf
- anwendbare Tarifverträge
- Betriebs- oder Dienstvereinbarungen
- Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen
- Die dreiwöchige Ausschlussfrist des § 7 KSchG auch bei nicht ordnungsgemäßem Nachweis der Mitteilung der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden!
- Angaben nach Satz 2 Nummern 11 bis 15
- Angaben nach Satz 2 Nummern 2, 3, 4, 5, 6, 9
- Angaben nach Satz 2 Nummern 1, 7, 8
- Niederschrift mit Informationen ist spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung auszuhändigen
Änderung der Vertragsbedingungen
§ 3 NachwG
- Fristverkürzung
- Mitteilung an den Arbeitnehmer über jede Änderung der wesentlichen Vertragsbedingungen
- spätestens an dem Tag, an dem sie wirksam wird
- schriftlich (s.o.)
- Ausnahme (keine Mitteilungspflicht) bei Änderungen von
- auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren gesetzlichen Vorschriften
- Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen
- Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen
Auslandstätigkeit
§ 2 Abs.2 NachwG
wenn länger als vier aufeinanderfolgende Wochen Auslandstätigkeit, erweiterte Unterrichtungspflichten
anzugeben sind Land der Leistungserbringung, geplante Dauer, mit dem Aufenthalt verbundene Geld- oder Sachleistungen, voraussichtliche Rückkehr, Rückkehrbedingungen
Sanktionen bei Pflichtverletzungen
§ 4 I NachwG: Tatbestand
- § 2 I S.1 eine in § 2 I S.2 genannte wesentliche Vertragsbedingung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig niederlegen
- entgegen § 2 II, auch i.V.m. III, eine dort genannte Niederschrift nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig bereitstellen
- entgegen § 3 S.1 eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig machen
- § 4 II NachwG: Rechtsfolge
- Geldbuße
- Höchstmaß: bis zu 2.000,00 €
- Bußgeldbemessung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse gemäß § 17 III S.2 HS. 1 OWiG
- wirtschaftliche Situation von kleinen und mittleren Unternehmen besonders einbeziehen
- keine Ausnahme mehr für Aushilfen
Bereits vor der Änderung des Nachweisgesetzes wurde in der Rechtsprechung diskutiert, dass ein ungenügender Hinweis auf für das Arbeitsverhältnis geltende Normen, nicht zu Lasten des Mitarbeiters gehen sollten (z.B. einfacher (pauschaler) Verweis auf Geltung kollektivrechtlicher Normen, etwa eines Tarifvertrages mit Ausschlussfristen)
Übergangsbestimmungen für Beschäftigung vor dem 01.08.2022
- § 5 NachwG: Übergangsvorschrift
- Bestand das Arbeitsverhältnis bereits bei Inkrafttreten dieses Gesetzes vor dem 08.2022
- Arbeitnehmer nur auf dessen Verlangen eine Niederschrift i.S.d. § 2 auszuhändigen
- Spätestens am siebten Tag nach Zugang der Aufforderung beim Arbeitgeber => Niederschrift mit den Angaben nach § 2 I S.2 Nr. 1 bis 10 NachwG auszuhändigen
- Niederschrift mit den übrigen Angaben nach § 2 I S.2 NachwG ist spätestens einen Monat nach Zugang der Aufforderung auszuhändigen
- Fristbeginn: Zugang der Aufforderung
- Enthält eine früher ausgestellte Niederschrift oder ein schriftlicher Arbeitsvertrag die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben entfällt die Pflicht
Änderungen bei Arbeitnehmerüberlassung ab 01.08.2022
In § 11 werden die Nachweispflichten über die Identität des Entleihers erweitert:
- danach vor jeder Überlassung der Firmenname und Anschrift des Entleihers in Textform mitzuteilen
- Entleiher muss bei Arbeitnehmern, die nach 6 Monaten Tätigkeit einen Abschluss des Arbeitsvertrages wünschen, innerhalb eines Monats eine begründete Antwort zukommen lassen
Änderungen bei Teilzeit- und Befristung ab 01.08.2022
- Bei einer etwaigen Probezeit muss die Dauer in einem angemessenen Verhältnis zwischen Dauer der Befristung und Art der Tätigkeit stehen
- ein befristet Beschäftigter kann nach 6 Monaten Tätigkeit den Wunsch nach einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis äußern; Arbeitgeber muss innerhalb eines Monats mit begründeter Antwort reagieren
Änderungen im Berufsbildungsgesetz ab 01.08.2022
In § 11 werden verschiedene Punkte neu geregelt
- Name und Anschrift der Ausbilder sowie Auszubildenden, bei Minderjährigen zusätzlich Name und Anschrift der gesetzlichen Vertreter bezeichnet werden
- Zahlung und Höhe der Vergütung sowie deren Zusammensetzung
- Vergütung oder Ausgleich von Überstunden
Änderungen in der Gewerbeordnung ab 01.08.2022
- 111 wird wie folgt gefasst:
Pflichtfortbildungen
(1) Ist der Arbeitgeber durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes, durch Tarifvertrag oder Betriebs- oder Dienstvereinbarung verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine für
die Erbringung der Arbeitsleistung erforderliche Fortbildung anzubieten, dürfen dem
Arbeitnehmer die Kosten hierfür nicht auferlegt werden.
(2) Fortbildungen nach Absatz 1 sollen während der regelmäßigen Arbeitszeit
durchgeführt werden. Soweit Fortbildungen nach Absatz 1 außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit durchgeführt werden müssen, gelten sie als Arbeitszeit.
Wie kann reagiert werden?
Bei bestehenden Arbeitsverhältnissen ist die 7-Tage-Frist sehr anspruchsvoll. Am besten Muster vorhalten.
Änderungen in gesondertem Zusatz zum bestehenden Arbeitsvertrag schriftlich aushändigen oder bestehenden Arbeitsvertrag neu fassen.