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Tobias Michael

Arbeitsrecht – Betriebsratssitzung muss sein (BAG, Urt. v. 18.1.2017 – 7 AZR 224/15)

By Arbeitsrecht

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) schreibt vor, wie die Arbeitszeit ausgestaltet werden kann und welche Ruhepausen es geben muss. Gemäß § 5 Abs.1 ArbZG muss ein Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden haben. Ungeklärt war bislang, wie sich diese Ruhezeit zu einer Teilnahme an einer Betriebsratssitzung verhält, während der das Betriebsratsmitglied gemäß § 37 Abs.2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) freizustellen ist.

Vor kurzem hatte das Bundesarbeitsgericht einen solchen Fall zu entscheiden, in welchem ein Betriebsratsmitglied seine eigentlich bis 6.00 Uhr dauernde Nachtschicht um 2.30 Uhr beendete, um die Ruhezeit von 11 Stunden bis zur Betriebsratssitzung um 13.00 Uhr am nächsten Tag einhalten zu können (BAG, Urt. v. 18.1.2017 – 7 AZR 224/15). Der Arbeitgeber kürzte das Arbeitszeitkonto um die Zeit, die der Arbeitnehmer nicht bis zum Schichtende gearbeitet hatte. Der Arbeitnehmer klagte auf Gutschrift der Arbeitszeit.

Das höchste deutsche Arbeitsgericht gab der Klage statt. Aufgrund der Berechtigung zur Teilnahme an Betriebsratssitzungen, sind Betriebsratsmitglieder ohne Minderung des Arbeitsentgelts von der Arbeitsleistung zu befreien, wenn die Betriebsratstätigkeit die Erbringung der Arbeitsleistung unmöglich oder unzumutbar macht. Dies sei vorliegend der Fall gewesen, da anderenfalls die Einhaltung der Erholungszeit von 11 Stunden nicht möglich gewesen wäre.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Mietrecht – Höhe der Nutzungsentschädigung (BGH, Urteil vom 18.1.2017 – VIII ZR 17/16)

By Miet- und Wohneigentumsrecht

Gibt der Mieter die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurück, so kann der Vermieter nach § 546a BGB für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung die vereinbarte Miete oder die ortsübliche Miete verlangen. Höchstrichterlich war bisher nicht entschieden, was genau „ortsübliche Miete“ bedeutet. In der Instanzenrechtsprechung und der Literatur konnte sich zu dieser Rechtsfrage keine herrschende Meinung herausbilden.

Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 18.1.2017 – VIII ZR 17/16) hat nun entschieden, dass der Vermieter wegen der Vorenthaltung der Mietsache als Nutzungsentschädigung über die vereinbarte Miete hinausgehend auch die für vergleichbare Objekte ortsübliche Miete verlangen könne. Dabei bestimme sich die ortsübliche Miete anhand der bei einem Neuabschluss eines Mietvertrages ortsüblichen Miete (sog. Marktmiete). Nicht einschlägig sei hingegen die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 558 BGB, die im Hinblick auf eine etwaige Mieterhöhung zu berücksichtigen ist und bei der ein Bezugszeitraum von vier Jahren maßgeblich ist.

Die ortsübliche Vergleichsmiete, die im Hinblick auf eine etwaige Mieterhöhung zu berücksichtigen ist, könne bereits aufgrund des Gesetzeswortlautes nicht für die Höhe der Nutzungsentschädigung herangezogen werden. § 546a BGB sehe eine Berücksichtigung der in der Gemeinde in den letzten vier Jahren vereinbarten oder geänderten Bestandsmieten gerade nicht vor.

Zudem gelte § 546a BGB für alle Mietverhältnisse, wohingegen § 558 BGB lediglich auf Wohnraummietverhältnisse Anwendung finde, sodass auch die Gesetzessystematik gegen eine Anwendung des § 558 BGB  spreche. Des Weiteren erfordere eine Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete eine rechtsgestaltende Willenserklärung des Vermieters, nach deren Zugang sich noch eine Vierteljahresfrist anschließe. Dagegen könne der Vermieter eine Nutzungsentschädigung bereits von Gesetzes wegen und mithin ohne Ankündigung sofort nach Beendigung des Mietverhältnisses verlangen und auch rückwirkend geltend machen.

Letztlich sei auch der Sinn und Zweck der Regelungen § 546a BGB und § 558 BGB jeweils ein anderer. Die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 558 BGB entfalte nach gesetzgeberischer Intention eine Schutzwirkung zugunsten des Mieters, da sie durch die Bemessung des Bezugszeitraums die Dynamik der Mietpreissteigerung in Gemeinden mit steigenden Mietpreisen in dem vom Gesetzgeber als maßgeblich erachteten Umfang abfedere. Hierzu bestehe jedoch bei einem beendeten Mietverhältnis keine Veranlassung. Der Gesetzgeber habe ausdrücklich in der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass zwischen Wirksamwerden der Kündigung und endgültiger Räumung der Wohnung durch den Mieter unter Umständen ein längerer Zeitraum liegen könne, in dem der Vermieter gehindert sei, durch eine Neuvermietung eine höhere ortsübliche Vergleichsmiete zu erzielen. Da der Mieter in der Mietsache verbleibe, obgleich die Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt sei, könne nicht zulasten des Vermieters gehen, denn das Unterlassen der Räumung und Herausgabe der Mietsache liege allein in der Verantwortungssphäre des Mieters.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist die Nutzungsentschädigung auch dann an der Marktmiete auszurichten, wenn der Vermieter, wie im vorliegenden Fall, eine Eigenkündigung ausspricht, weil er die Wohnung selbst nutzen will. Dass die Wohnung im Ergebnis nicht neuvermietet werden soll, ändere nichts an der rechtlichen Beurteilung, dass die Nutzungsentschädigung anhand der bei einem Neuabschluss eines Mietvertrages ortsüblichen Miete zu bemessen sei.

Autor: Rechtsanwalt Sebastian Hohmann (ehem. Grassel)

Arbeitsrecht – Entgeltfortzahlung bei Künstlicher Befruchtung (BAG, Urt. v. 26.10.2016 – 5 AZR 167/16)

By Arbeitsrecht

Gemäß § 3 Abs.1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) hat der Arbeitnehmer bei einer unverschuldeten Krankheit Anspruch auf Entgeltfortzahlung für bis zu sechs Wochen. Arbeitgeber mit in der Regel weniger als 30 Angestellten erhalten von den Krankenkassen maximal 80 % dieser Lohnfortzahlung erstattet. Voraussetzung für die Entgeltfortzahlung ist allerdings zunächst, dass eine Krankheit vorliegt und diese unverschuldet eingetreten ist.

In einem aktuellen Fall hatte sich das Bundesarbeitsgericht mit der Frage auseinanderzusetzen, ob Fehltage im Zusammenhang mit einer künstlichen Befruchtung, sogenannte „In-vitro-Fertilisation“, zum einen als Krankheitstage anzusehen sind, wenn der Grund für die Kinderlosigkeit beim anderen Lebenspartner liegt (BAG, Urt. v. 26.10.2016 – 5 AZR 167/16). Zum anderen nahm das BAG dazu Stellung, wann bei einer künstlichen Befruchtung ein Verschulden vorliegt, wenn erst dieser ärztliche Eingriff zu einer Erkrankung mit Arbeitsunfähigkeit führe.

In dem Verfahren hatte ein Arbeitgeber auf Rückzahlung von Lohn geklagt, nachdem er erfahren hatte, dass die Fehlzeiten auf eine künstliche Befruchtung zurückzuführen waren. Im Streit standen verschiedene Fehlzeiten vor und nach der künstlichen Befruchtung. Zunächst stellte das BAG klar, dass dann keine Krankheit des Arbeitnehmers vorliege, wenn dieser zeugungsfähig sei und die Ursache des unerfüllten Kinderwunsches bei dessen Lebenspartner liege. Ein Kinderwunsch sei individuelle Lebensgestaltung und nicht ein allgemeines Krankheitsrisiko im Sinne des EFZG. Darüber hinaus sieht das BAG ein Verschulden nach § 3 EFZG dann nicht, wenn im Hinblick auf den Eingriff und deren Folgen nicht erkennbar war, dass damit eine zur Arbeitsunfähigkeit führende Erkrankung auftreten werde. Der Rechtsstreit ist zur weiteren Sachverhaltsaufklärung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen worden.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Anrechnung von Anwesenheitsprämie auf Mindestlohn (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 22.11.2016 – 5 Sa 298/15)

By Arbeitsrecht

Zum 1.1.2017 gibt es unter anderem eine Änderung im Mindestlohngesetz (MiLoG). Danach steigt der gesetzliche Mindestlohn von EUR 8,50 brutto auf EUR 8,84 brutto je Zeitstunde. Das nächste Mal entscheidet sich im Jahr 2018, ob der Mindestlohn erneut angepasst wird.

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hatte kürzlich darüber zu entscheiden, ob auf den „alten“ Mindestlohn von EUR 8,50/ h eine tarifvertragliche Anwesenheitsprämie angerechnet werden kann (LAG, Urt. v. 22.11.2016 – 5 Sa 298/15). Der in dem Urteil in Bezug genommene Tarifvertrag sah vor, dass Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Prämie von EUR 0,37 die Stunde allein für die Anwesenheit im Betrieb haben. Diese Anwesenheitsprämie sah der beklagte Arbeitgeber als Bestandteil des Mindestlohns an. Der klagende Arbeitnehmer sah die Anwesenheitsprämie als zusätzlichen Bestandteil zum Mindestlohn und klagte auf Zahlung der Lohndifferenz.

Das Arbeitsgericht Stralsund und das Landesarbeitsgericht wiesen die Klage ab und entschieden, dass die Prämie Bestandteil des Mindestlohns ist. Alles was echte Gegenleistung für die Arbeitsleistung ist, kann angerechnet werden; so auch eine Prämie für die Anwesenheit zur Erbringung der Arbeitsleistung. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Im letzten Jahr hatte das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden, dass Weihnachts- und Urlaubsgeld durch eine monatliche Aufteilung angerechnet werden können, da diese Zahlungen eine Gegenleistung für eine erbrachte Arbeitsleistung darstellen (BAG, Urt. v. 25.05.2016 – 5 AZR 135/16).

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Mietrecht – Fälligkeit der Miete (BGH, Urteil vom 5.10.2016 – VIII ZR 222/15)

By Miet- und Wohneigentumsrecht

Von Gesetzes wegen ist die Miete zu Beginn, spätestens jedoch bis zum dritten Werktag der vereinbarten Zeitabschnitte zu entrichten. Demnach genügt es, wenn der Mieter jeweils seinen Zahlungsauftrag bei seinem Zahlungsdienstleister bis zum dritten Werktag des vereinbarten Zeitabschnitts erteilt. Im Hinblick auf die vorgenannte gesetzliche Regelung ist bereits seit langer Zeit entschieden, dass der Mieter lediglich verpflichtet ist, eine ausreichende Deckung seines Kontos sicherzustellen. Die Verlust- und Verzögerungsgefahr trägt hingegen der Vermieter.

Die gesetzliche Fälligkeitsregelung ist jedoch nicht zwingend, sodass die Fälligkeit der Miete grundsätzlich durch eine vertragliche Vereinbarung vom Gesetz abweichend vereinbart werden kann. In vielen Verträgen findet sich daher die nachfolgende Allgemeine Geschäftsbedingung:

„Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung kommt es nicht auf die Absendung, sondern auf den Eingang des Geldes an. Aus mehrfach verspäteter Mietzahlung kann der Mieter keine Rechte herleiten; vielmehr kann dies im Einzelfall ein Grund für eine Kündigung des Mietverhältnisses sein.“

Diese Vertragsklausel hat der Bundesgerichtshof (Urteil vom 5.10.2016 – VIII ZR 222/15) jüngst für unwirksam erachtet. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs benachteiligt die Vertragsklausel den Mieter unangemessen, da sie auch so verstanden werden kann, dass der Mieter eine Verzögerung des Zahlungsvorgangs, welche nicht ihm, sondern vielmehr dem Zahlungsdienstleister zugerechnet werden muss, trägt.

Dies ist aus Sicht des Mieters nicht hinnehmbar, denn die Vertragsklausel war im vorliegenden Fall einseitig vom Vermieter vorgegeben und geht allein zu Lasten des Mieters, ohne die Benachteiligung des Mieters hinreichend zu kompensieren. Darüber hinaus widerspricht die Vertragsklausel auch der gesetzlichen Fälligkeitsregelung, was der Bundesgerichtshof ebenfalls berücksichtigt hat.

Autor: Rechtsanwalt Sebastian Grassel

Arbeitsrecht – Pflicht zum Urlaubsantritt (BAG, Beschluss vom 13. Dezember 2016 – 9 AZR 541/15 (A)

By Arbeitsrecht

Gemäß § 7 Abs.3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) verfallen Urlaubsansprüche, wenn sie nicht bis zum Ende des Urlaubsjahres genommen werden. Eine Übertragung bis zum Ende des folgenden Quartals ist gemäß dieser Vorschrift nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. War also zum Beispiel der Arbeitnehmer die letzten zwei Monate des Jahres 2016 erkrankt und hatte noch Urlaub oder wurde ihm ein beantragter Urlaub wegen eines großen Auftrags Ende 2016 nicht gewährt, kann dieser Urlaub noch bis spätestens 31.3.2017 genommen werden.

In einem aktuellen Fall vor dem Bundesarbeitsgericht hatte ein Arbeitnehmer geklagt, der bis zum 31.12.2013 bei dem beklagten Arbeitgeber beschäftigt war. Der Arbeitgeber hatte den Kläger Ende Oktober 2013 aufgefordert, seinen restlichen Urlaub vor Ende des Arbeitsverhältnisses zu nehmen. Der Kläger nahm lediglich 2 von 53 Urlaubstagen und verlangte für die nicht genommenen 51 Urlaubstage wegen des Endes seiner Beschäftigung Geld, die sogenannte Urlaubsabgeltung. Die Vorinstanzen gaben der Klage auf Urlaubsabgeltung statt.

Da auch auf europäischer Ebene vier Wochen Urlaub mindestens zu gewähren sind (Artikel 7 Abs.1 der europäischen Richtlinie 2003/88/EG), hat das Bundesarbeitsgericht dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage vorgelegt, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer seinen Urlaub „aufzwingen muss“, wenn dieser nicht von sich aus im Urlaubsjahr seinen Urlaub beantragt (BAG, Beschluss vom 13. Dezember 2016 – 9 AZR 541/15 (A).

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Miet- und Wohnungseigentumsrecht – Nachforderung von Betriebskosten bei verspäteter WEG-Abrechnung (BGH, Urteil vom 25.1.2017 – VIII ZR 249/15)

By Miet- und Wohneigentumsrecht

Teilt ein Vermieter dem Mieter eine Nebenkostenabrechnung nicht spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mit, so ist eine Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Vermieter die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten hat.

Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 25.1.2017 – VIII ZR 249/15) hatte aktuell zu entscheiden, ob der Vermieter die verspätete Geltendmachung zu vertreten hat, wenn der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung über die Jahresabrechnung noch nicht innerhalb der Jahresfrist erfolgt ist. Vorliegend enthielt der Mietvertrag zudem eine handschriftliche Ergänzung, nach welcher die Betriebskosten jährlich nach Genehmigung der Abrechnung durch die Eigentümerversammlung abgerechnet werden sollten.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs hatte der Vermieter die verspätete Geltendmachung zu vertreten, sodass eine Nachforderung von Betriebskosten ausgeschlossen war. Die handschriftliche Ergänzung im streitgegenständlichen Mietvertrag sei als zum Nachteil des Mieters getroffene Regelung von Gesetzes wegen unwirksam. Dass die Abrechnungspflicht bzw. die Abrechnungsfrist von dem Beschluss der Eigentümerversammlung über die Abrechnung abhinge, sehe das Gesetz nicht vor. Vielmehr sei eine solche Voraussetzung auch nicht mit dem Zweck der Abrechnungsfrist vereinbar, für die Mietparteien kurzfristig Klarheit und Rechtssicherheit über die wechselseitigen Forderung aus dem Mietverhältnis zu schaffen.

Darüber hinaus würde der Mieter einer Eigentumswohnung gegenüber dem Mieter einer sonstigen Wohnung in unzulässiger Weise benachteiligt, da er gegenüber dem Mieter einer sonstigen Wohnung das erhöhte Risiko tragen würde, die Nebenkostenabrechnung nicht innerhalb der Jahresfrist zu erhalten. Zudem entfalte der Beschluss der Eigentümerversammlung keine Rechtswirkung gegenüber dem Mieter, sodass Betriebskosten unabhängig von wohnungseigentumsrechtlichen Vorschriften zu beurteilen seien.

Klargestellt hat der Bundesgerichtshof zudem noch einmal, dass der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass er die verspätete Geltendmachung von Betriebskosten nicht zu vertreten hat. Des Weiteren hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass der Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht Erfüllungsgehilfe des Vermieters ist. Soweit der Vermieter allerdings geltend machte, die vormals tätige Hausverwaltung habe die Abrechnung nicht ordnungsgemäß erstellt und sei deshalb abberufen worden, sodass die neue Hausverwaltung  erst im Anschluss hieran eine, den gesetzgeberischen Vorgaben entsprechende, Abrechnung habe fertigen können, genügte dies nach Auffassung des Bundesgerichtshof nicht der, dem Vermieter obliegenden, Darlegungslast. Der Vermieter habe stattdessen vortragen müssen, was er selbst veranlasst habe, nachdem für ihn ersichtlich wurde, dass die vormalige Hausverwaltung die Abrechnung nicht rechtzeitig erstellen würde und sodann auch fehlerhaft erstellt hatte.

Autor: Rechtsanwalt Sebastian Grassel

Arbeitsrecht – Weihnachtsgeld und Marzipantorte (ArbG Köln, Urt. v. 24.11.2016 – 11 Ca 3589/16)

By Arbeitsrecht

Kurz vor dem Jahreswechsel veröffentlichte das Arbeitsgericht Köln eine Entscheidung mit einem zu den Festtagen passenden „süßen Hintergrund“. Gegenstand des Rechtsstreits war die Thematik „betriebliche Übung“. Etabliert der Arbeitgeber über einen längeren Zeitraum ein Handeln zu Gunsten der Arbeitnehmer, so kann sich hieraus ein echter Bestandteil des Arbeitsvertrages bilden. Juristisch wird ein solches Geschehen als „betriebliche Übung“ bezeichnet. Ist durch eine betriebliche Übung der gewährte Vorteil Bestandteil des Arbeitsvertrages geworden, kann sich der Arbeitgeber hiervon nicht mehr einseitig lösen.

Gegenstand des Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht Köln waren die Klagen mehrerer Betriebsrentner eines Kölner Nahrungsmittelherstellers, welche von ihrem ehemaligen Arbeitgeber wie in den Vorjahren einer Marzipantorte und ein Weihnachtsgeld in Höhe von EUR 105,00 verlangten (ArbG Köln, Urt. v. 24.11.2016 – 11 Ca 3589/16).

Die Kläger stützen ihren Anspruch darauf, dass sie in den letzten Jahren diese Leistungen erhalten hätten. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Zum einen hätten nicht alle Betriebsrentner in der Vergangenheit Weihnachtsgeld und Torte erhalten. Zum anderen habe der Arbeitgeber jedes Jahr deutlich gemacht, dass die Leistungen immer nur im aktuellen Jahr gewährt werden, was einem Rechtsbindungswillen entgegensteht.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Mitbestimmung bei Facebookauftritt (BAG, Beschl. v. 13.12.2016 – 1 ABR 7/15)

By Arbeitsrecht

In Unternehmen, in denen ein Betriebsrat gewählt ist, bestehen für den Betriebsrat zahlreiche Mitbestimmungsrechte. Die zentrale Vorschrift hierfür ist § 87 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Hiernach hat der Betriebsrat unter anderem gemäß § 87 Abs.1 Nr.6 BetrVG dann mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber technische Einrichtungen in das Unternehmen einführen oder anwenden möchte, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen.

Vor kurzem hatte das Bundesarbeitsgericht darüber zu entscheiden, ob der Facebook-Auftritt eines Arbeitgebers geeignet sein kann, um eine solche technische Einrichtung zu sein und daher der Betriebsrat entsprechend zu beteiligen ist (BAG, Beschl. v. 13.12.2016 – 1 ABR 7/15). Die in dem Verfahren beteiligte Arbeitgeberin – ein Blutspendedienst – hatte eine Facebook-Seite eingerichtet, auf denen Facebook-Nutzer auch Beiträge (Postings) veröffentlichen konnten. Nachdem sich auf der Facebook-Seite Nutzer auch zum Verhalten von Arbeitnehmern geäußert hatten, machte der Betriebsrat geltend, dass zum einen die Arbeitgeberin solche Äußerungen hinsichtlich der Beschäftigten auswerten könne. Zum anderen werde ein erheblicher Überwachungsdruck erzeugt.

Die Vorinstanzen waren sich uneins, ob der Betriebsrat zu beteiligen war. Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht. Soweit Postings, die sich auf das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern beziehen, unmittelbar veröffentlicht werden, führe dies zu einer Überwachung von Arbeitnehmern durch eine technische Einrichtung im Sinne des § 87 Abs.1 Nr.6 BetrVG.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Wohneigentumsrecht – Barrierefreiheit in Wohnungseigentumsanlagen (BGH, Urteil vom 13.1.2017 – V ZR 96/16)

By Miet- und Wohneigentumsrecht

In Wohnungseigentumsanlagen ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, vom gemeinschaftlichen Eigentum nur in der Weise Gebrauch zu machen, dass den anderen Wohnungseigentümern durch den Gebrauch kein Nachteil entsteht, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht. Abweichend hiervon können bauliche Veränderungen oder Aufwendungen beschlossen oder verlangt werden, wenn alle Wohnungseigentümer, welche hierdurch über das vorgenannte Maß hinausgehend benachteiligt werden, zustimmen. Eine Zustimmung ist allerdings dann entbehrlich, wenn die Rechte der betroffenen Wohnungseigentümer gerade nicht in der Weise beeinträchtigt werden, dass der Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums zu einem übergebührlichen Nachteil führt.

In einer aktuellen Entscheidung hatte der Bundesgerichtshof (Urteil vom 13.1.2017 – V ZR 96/16) darüber zu entscheiden, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft den Einbau eines Personenaufzuges in den offenen Schacht des Treppenhauses dulden muss. Dies begehrte ein zum Zeitpunkt der Entscheidung 80-jähriger, dessen Wohnung im fünften Obergeschoss gelegen ist. In seiner Begründung führte der Kläger aus, dass er auf den Personenaufzug angewiesen sei, da er gemeinsam mit seiner Ehefrau seine schwerbehinderte Enkeltochter (GdB 100) zeitweise in seiner Wohnung betreuen würde. Obgleich der Kläger den Einbau sogar auf eigene Kosten vornehmen lassen wollte, lehnte die Wohnungseigentümergemeinschaft die Zustimmung zum Einbau des Personenaufzuges ab.

Der Kläger versuchte nunmehr den Einbau des Personenaufzuges gerichtlich durchzusetzen. Eine Duldungspflicht der Wohnungseigentümergemeinschaft vermochte der Bundesgerichtshof allerdings nicht zu sehen. Er stellte vielmehr fest, dass eine Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht entbehrlich sei, weil ein Nachteil zu Lasten der übrigen Wohnungseigentümern bestünde, welcher über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus gehe. Maßgeblich für eine Beurteilung ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofs eine Abwägung hinsichtlich der beiderseitigen grundrechtlich geschützten Interessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles. Abzuwägen seien hierbei das Grundrecht auf Eigentum und der grundrechtliche Schutz vor einer Benachteiligung aufgrund einer Behinderung.

Aufgrund der bei einem Einbau eines Personenaufzuges erforderlichen Eingriffe in die Substanz des Gemeinschaftseigentums, welche den im Treppenhaus zur Verfügung stehenden Platz ganz erheblich verengen, ist nach vorliegender Entscheidung ein erheblicher Nachteil für die betroffenen Wohnungseigentümer anzunehmen. Zudem sei bei lebensnaher Betrachtung bereits im Hinblick auf die bauordnungs- und brandschutzrechtlichen Vorgaben mit einem massiven konstruktiven Eingriff in den Baukörper zu rechnen. Der zu einem späteren Zeitpunkt etwaig erforderliche Rückbau sei des Weiteren lediglich mit umfangreichen baulichen Maßnahmen verbunden, durch welche mit neuen Risiken zu rechnen sei. Darüber hinaus könne die private Verkehrssicherungspflicht im Außenverhältnis zu Dritten zu Haftungsrisiken führen, welche auch die anderen betroffenen Wohnungseigentümer treffen würden.

Entscheidungserheblich war nach Auffassung des Bundesgerichtshofs auch der Umstand, dass der Personenaufzug praktisch lediglich einzelnen bau- und zahlungswilligen Wohnungseigentümern zur Verfügung stehen sollte. Hierdurch würde ein Sondernutzungsrecht an einem Teil des Treppenhauses eingeräumt werden, wofür es allerdings einer Vereinbarung sämtlicher Wohnungseigentümer bedarf. Bei Stattgabe der Klage würde daher ein Teil der Wohnungseigentümer vom Gebrauch des im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Treppenhauses zumindest teilweise ausgeschlossen. Tatsächlich, dies ist unstreitig geblieben, wird der Bereich, welcher sodann von dem Personenaufzug eingenommen würde, derzeit zum Abstellen von Fahrrädern und Kinderwagen genutzt und ist darüber hinaus notwendig, um sperrige Gegenstände durch das Treppenhaus zu transportieren.

Dass die Wohnung des Klägers nach den tatsächlichen Feststellungen schwer veräußerlich ist und für eine gehbehinderte Person lediglich mit einem Personenaufzug ohne weiteres zu erreichen ist, genügt aus Sicht des Bundesgerichtshofs zur Begründung der Klage nicht. Denn insoweit habe sich lediglich das Lebensrisiko des Klägers verwirklicht, welches er durch den Kauf der Wohnung und seinen Einzug selbst geschaffen hatte.

Auch wenn der Bundesgerichtshof einen Anspruch auf den Einbau eines Personenaufzuges in Wohngemeinschaftsanlagen im vorliegenden Fall verneint, stellt er dennoch fest, dass eine ordnungsgemäße Interessenabwägung regelmäßig ergeben müsse, dass die Anbringung eines Treppenlifts oder einer Rollstuhlrampe durch die übrigen Wohnungseigentümer zu dulden ist, wenn ein Wohnungseigentümer oder dessen Angehöriger unter einer erheblichen Gehbehinderung leidet.

Autor: Rechtsanwalt Sebastian Grassel

Arbeitsrecht – Schriftgutachten und Verdachtskündigung (LAG Hamm, Beschl. v. 30.08.2016 – 7 TaBV 45/16)

By Arbeitsrecht

Will der Arbeitgeber einem Betriebsratsmitglied kündigen, so kann er dies bis auf wenige Ausnahmen nur außerordentlich gemäß § 103 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Demgemäß benötigt er zuvor die Zustimmung des Betriebsrates. Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung, kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, dass dieses die Zustimmung des Betriebsrats ersetzt.

Kürzlich hatte das Landesarbeitsgericht Hamm darüber zu entscheiden, wie stark der Verdacht sein muss, wenn der Arbeitgeber die Pflichtwidrigkeit einer Arbeitnehmerin zwar nicht nachweisen kann, hierfür jedoch starke Anhaltspunkte hat (LAG Hamm, Beschl. v. 30.08.2016 – 7 TaBV 45/16). Die Arbeiterwohlfahrt, die insgesamt 59 Seniorenzentren betreibt, beabsichtigte, sich durch außerordentliche Kündigung von der klagenden Arbeitnehmerin zu trennen. Anlass waren Trauerkarten mit der handschriftlichen Eintragung „für Dich (bist die nächste)“ die an drei aufeinanderfolgenden Tagen in das Postfach der Wohnbereichsleiterin eingelegt worden waren.

Die beklagte Arbeitgeberin ermittelte in verschiedene Richtungen und ließ auch ein Privatgutachten zur Handschrift anhand verschiedener Schriftproben anfertigen. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass der handschriftliche Zusatz mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ von der Klägerin stammte. Über diesem Wahrscheinlichkeitsgrad hätte es nur noch mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ und „sehr hoher Wahrscheinlichkeit“ gegeben. Das LAG bestätigte die Vorinstanz und ersetzte die Zustimmung zur Kündigung nicht. Der beklagte Arbeitgeber hätte den Sachverhalt weiter aufklären und insbesondere die Klägerin ausreichend anhören müssen. Die Wahrscheinlichkeit des Schriftgutachtens genüge nicht für eine Verdachtskündigung.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Ablösung von Betriebsrenten (BAG, Urt. v. 15.11.2016 – 3 AZR 539/15)

By Arbeitsrecht

Hat sich der Arbeitgeber einmal dazu verpflichtet, Leistungen zu gewähren, ist er hieran grundsätzlich gebunden und kann dies nicht einseitig abändern. Anders hingegen verhält es sich dann, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich auf eine Änderung verständigen. Nutzt der Arbeitgeber dabei einseitige Vereinbarungen, die für eine Vielzahl von Verträgen vorgesehen sind, handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die entsprechend streng überprüft werden. Diese AGB müssen klar und verständlich sein und dürfen den Arbeitnehmer nicht entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

Das Bundesarbeitsgericht hatte kürzlich darüber zu entscheiden, ob die Ablösung einer Betriebsrente durch ein marktübliches Versorgungssystem plus Wechselprämie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen (BAG, Urt. v. 15.11.2016 – 3 AZR 539/15). Hintergrund war eine vom Arbeitgeber getätigte Zusage, den Arbeitnehmern ähnlich einer Beamtenversorgung, eine Rente zu zahlen. Diese teure Versorgungszusage musste der Arbeitgeber wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten ändern. Den Arbeitnehmern, die mit einem Wechsel in eine andere betriebliche Altersversorgung einverstanden waren, wurde auch eine erhebliche Wechselprämie gezahlt.

In dem vorliegenden Fall hatte der klagende Arbeitnehmer seine Einverständniserklärung angefochten und forderte eine Versorgung nach den alten Bestimmungen. Die Vorinstanzen und das BAG wiesen die Klage ab. Beide Vertragsparteien hatten sich wirksam auf eine Änderung verständigt. Weder war die Vertragsänderung unklar, noch unangemessen benachteiligend.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Unwirksame Tarifverträge im Baugewerbe (BAG, Beschl. v. 21.09.2016 – 10 ABR 33/15 und 10 ABR 48/15)

By Arbeitsrecht

Im Arbeitsverhältnis bestimmen sich die gegenseitigen Rechte und Pflichten vorwiegend nach dem individuellen Arbeitsvertrag. Ob auch ein Tarifvertrag ganz oder teilweise gelten soll, kann man im Arbeitsvertrag ebenfalls regeln. Ganz automatisch gilt ein Tarifvertrag dann, wenn Arbeitgeber Mitglied im Arbeitgeberverband und Arbeitnehmer in der Gewerkschaft sind, welche den Tarifvertrag abgeschlossen haben. Es besteht allerdings auch die Möglichkeit, dass durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales festgelegt wird, dass ein Tarifvertrag unabhängig von Regelungen und Mitgliedschaften für alle gelten soll. In diesem Falle spricht man von einer „Allgemeinverbindlichkeit“ gemäß § 5 Tarifvertragsgesetz (TVG).

Unlängst hat das Bundesarbeitsgericht allerdings für die Baubranche entschieden, dass die Erklärungen zur Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (SOKA-Bau) aus den Jahren 2008, 2010 und 2014 unwirksam sind (BAG, Beschl. v. 21.09.2016 – 10 ABR 33/15 und 10 ABR 48/15). Das Gericht sah weder die Voraussetzungen für die Allgemeinverbindlicherklärung des § 5 TVG als gegeben an, noch hatte in den Jahren 2008 und 2010 der zuständige Minister den Tarifvertrag unterzeichnet.

Aufgrund dieser Entscheidung bestehen für die betroffenen Arbeitgeber gegenüber der SOKA womöglich erhebliche Rückforderungsansprüche. Nicht nur in Deutschland ansässige Firmen in der Baubranche, sondern auch Generalunternehmer und ausländische Unternehmer dürften betroffen sein.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Vorzeitig in Rente dank Wertguthaben

By Arbeitsrecht

Aktuell ist die Rentenfrage eines der bestimmenden Themen. Rente mit 67? Abschlagsfreie Rente mit 63? Oder kommt doch bald die Rente mit 70? Wer angesichts dieser Zahlen über die Möglichkeit für einen vorzeitigen Renteneintritt nachdenkt, für den ist womöglich das Modell einer „Wertguthabenvereinbarung“ nach den §§ 7b – 7f des Vierten Sozialgesetzbuchs (SGB IV) interessant. Aber auch wer eine längere Elternzeit oder eine längere Auszeit für sich in Betracht zieht und sich hierfür etwas „ansparen“ will, für den könnte dieses Modell passen.

Wertguthaben auf sogenannten Zeitwertkonten dienen nicht der flexiblen Gestaltung der normalen Arbeitszeit; dies decken die flexiblen Arbeitszeitkonten ab. Angespart wird vielmehr ein Wertguthaben für längere Freizeiten, wie die schon genannte Elternzeit, Auszeit oder als Übergang in die Rente. Wer etwa Sonderzahlungen seines Gehalts oder feste Bestandteile seines Gehalts in dieses Wertguthaben einfließen lässt, bekommt diese dann in der Phase, in der er nicht mehr arbeitet (Freistellungsphase), ausgezahlt.

Das Gesetz sieht dabei vor, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, das Wertguthaben gegen eine Insolvenz abzusichern. Der Gesetzgeber hat auch bedacht, dass bei einem Wechsel des Arbeitgebers, das Wertguthaben übertragbar ist, sofern es eine bestimmte Größe erreicht hat. Häufig gibt es in Tarifverträgen bereits Regelungen dazu, ob und wie Wertguthaben eingerichtet werden können.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Personalgespräch bei Krankheit (BAG, Urt. v. 2.11.2016 – 10 AZR 596/15)

By Arbeitsrecht

Aus der Rubrik „Muss ich oder muss ich nicht?“ lag dem Bundesarbeitsgericht kürzlich die Frage zur Entscheidung vor, ob ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb erscheinen muss, um dort an einem Gespräch zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeiten teilzunehmen (BAG, Urt. v. 2.11.2016 – 10 AZR 596/15). Geklagt hatte ein Krankenpfleger, der in der Zeit seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit zweimal zu einem Personalgespräch eingeladen wurde, was der Kläger wegen seiner Erkrankung jeweils ablehnte. Sodann erhielt der Arbeitnehmer wegen seiner Weigerung eine Abmahnung, gegen die er klagte.

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht verurteilten den Arbeitgeber, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen. Das höchste deutsche Arbeitsgericht bestätigte dies. Grundsätzlich sei der Arbeitnehmer zwar verpflichtet, an Personalgesprächen im Unternehmen teilzunehmen. Da der erkrankte Arbeitnehmer allerdings während seiner Arbeitsunfähigkeit seine Arbeitspflichten nicht erfüllen kann, sei er grundsätzlich auch nicht verpflichtet im Betrieb zu einem Personalgespräch zu erscheinen. Nur wenn es aus betrieblichen Gründen unverzichtbar sei und der Arbeitnehmer hierzu in der Lage, müsse er auch zum Personalgespräch in den Betrieb kommen. Was der Arbeitgeber allerdings dürfe, ist mit dem erkrankten Arbeitnehmer in Kontakt zu treten, um mit ihm die Beschäftigungsmöglichkeiten nach dem Ende der Krankheit zu erörtern.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Grenzen tarifvertraglicher Befristung (BAG, Urt. v. 26.10.2016 – 7 AZR 140/15)

By Arbeitsrecht

Entscheidet sich ein Arbeitgeber bei einer Neueinstellung den Arbeitnehmer zu befristen, so kann er dies ohne sachlichen Grund für einen Zeitraum von längstens zwei Jahren tun. Innerhalb dieses Zeitraums kann er eine einmal erfolgte Befristung maximal dreimal verlängern. Abweichend von dieser Grundkonstellation des § 14 Abs.2 Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass durch Tarifvertrag die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend festgelegt werden kann. Der Gesetzgeber überlässt es also den Tarifvertragsparteien, das richtige Maß bei einem Abweichen von der Grundnorm -auch zu Lasten des Arbeitnehmers- zu finden. Lediglich bei einer Sittenwidrigkeit wäre ein Tarifvertrag an dieser Stelle unwirksam.

Das Bundesarbeitsgericht hat sich kürzlich in einer Entscheidung dazu positioniert, wie weit durch einen Tarifvertrag die Anzahl und Dauer der sachgrundlosen Befristung erweitert werden darf (BAG, Urt. v. 26.10.2016 – 7 AZR 140/15). Der Kläger hatte einen für die Dauer von etwas mehr als zwei Jahren einen ohne Sachgrund befristeten Arbeitsvertrag. Nach dem anzuwendenden Tarifvertrag durfte ohne Sachgrund bis zu einer Gesamtdauer von fünf Jahren die Befristung fünfmal verlängert werden. Der Kläger hielt diese tarifliche Bestimmung für unwirksam und griff die Befristung seines Arbeitsverhältnisses mit der sogenannten Entfristungsklage an. Die Vorinstanzen und das Bundesarbeitsgericht wiesen die Klage ab. Die sachgrundlose Befristung sei bis zu einer Dauer von sechs Jahren und innerhalb dieses Zeitraums eine neunmalige Verlängerung tarifvertraglich wirksam.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Wettbewerbsrecht/ Standesrecht – Irreführende Werbung mit zwei Büroanschriften (AGH NRW, Urt. v. 30.09.2016 – 1 AGH 49/15)

By Wettbewerbsrecht

Wer im Geschäftsleben in einer bestimmten Art und Weise nach außen hin auftritt, ist verschiedenen gesetzlichen Regelungen unterworfen. Insbesondere müssen berufsständische Regelungen beachtet werden und aber auch die im geschäftlichen Verkehr für jedermann geltenden Regelungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

In einem aktuellen Fall hatte der Anwaltsgerichtshof Nordrhein-Westfalen (AGH NRW) darüber zu entscheiden, ob ein Rechtsanwalt gegen die Vorschriften der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) verstößt, wenn er auf seiner Internetseite und seinen Briefköpfen angibt, Büros an zwei unterschiedlichen Orten zu unterhalten, seine Kanzlei aber tatsächlich nur an einem Ort betrieben wird (AGH NRW, Urt. v. 30.09.2016 – 1 AGH 49/15).

Der klagende Rechtsanwalt verwies auf seiner Homepage und auf seinen Briefköpfen unter der Bezeichnung „Büro“ auf von ihm an zwei unterschiedlichen Orten betriebene Büros. Zum Teil verwies der Kläger auf sein zweites Büro mit dem Zusatz „c/o“. An dem zweiten Ort betrieb der Rechtsanwalt lediglich eine Unternehmergesellschaft, die dort Bürodienstleistungen in Anspruch nahm. Die Rechtsanwaltskammer gab dem Rechtsanwalt auf, die Verwendung der zweiten Büroanschrift zu unterlassen. Hiergegen klagte der Rechtsanwalt.

Der AGH NRW bestätigte die Auffassung der Rechtsanwaltskammer und sah in der Verwendung der zweiten Büroanschrift einen Verstoß gegen die BORA. Nach § 6 BORA darf der Rechtsanwalt über seine Dienstleistungen und seine Person informieren, sofern die Angaben sachlich unterrichten und berufsbezogen sind. Da der Einzelanwalt gar nicht an beiden Standorten zugleich seine Dienstleistungen anbieten könne, da die Büroleistungen nicht ihm, sondern seiner Unternehmergesellschaft zur Verfügung gestellt werden, sah der AGH die Angabe auf Homepage und Briefkopf als unzutreffend und irreführend an.

Anmerkung des Autors: Neben dem Verstoß gegen die berufsrechtlichen Vorschriften, dürfte mit dem Verhalten des Klägers auch ein Verstoß gegen § 5 Abs.1 Satz 2 Nr.3 UWG vorliegen. Denn wer z.B. „größer tut, als er ist“ täuscht hiernach über Eigenschaften des Unternehmens  (Dies war selbstverständlich vorliegend nicht Prüfungsgegenstand, da die Rechtsanwaltskammer lediglich berufsrechtliche Verstöße verfolgt.)

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Kündigung bei Drogenkonsum (BAG, Urt. v. 20.10.2016 – 6 AZR 471/15)

By Arbeitsrecht

Wer sich ohne Einhaltung der Kündigungsfrist durch eine Kündigung von seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen lösen will, benötigt einen wichtigen Grund. Dies gilt unabhängig davon, ob auf Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerseite. Es muss gemäß § 626 BGB unzumutbar sein, bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist miteinander zusammen zu arbeiten.

Kürzlich hatte das Bundesarbeitsgericht darüber zu entscheiden, ob eine fristlose Kündigung eines LKW-Fahrers wegen Drogenkonsums gerechtfertigt war (BAG, Urt. v. 20.10.2016 – 6 AZR 471/15). Der klagende LKW-Fahrer hatte in seinem privaten Umfeld Amphetamin und Metamphetamin („Crystal Meth“) an einem Samstag konsumiert und wurde am darauffolgenden Dienstag bei einer Polizeikontrolle mit einem Drogenwischtest überprüft. Da die dann folgenden Untersuchungen den Drogenkonsum belegten, kündigte der beklagte Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung.

Die Vorinstanzen sahen in dem einmaligen Verstoß noch keine so schwerwiegende Verletzung der Pflichten des Arbeitnehmers, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen könnten. Insbesondere sei nicht ersichtlich gewesen, dass der Kläger gefahren sei, obwohl er fahruntüchtig war. Das BAG hingegen wies die Klage ab. Es sei weniger die Fahrtüchtigkeit des Klägers entscheidend, als vielmehr die sich aus dem Konsum der Drogen typischerweise ergebenden Gefahren für die Tätigkeit als Berufskraftfahrer.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht/ Prozessrecht – Öffentlichkeit der Verhandlung (BAG, Beschluss. v. 22.09.2016 – 6 AZN 376/16)

By Arbeitsrecht

Wird vor dem Arbeitsgericht verhandelt, sind diese Verhandlungen, bis auf eine seltene Ausnahme, gemäß § 52 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) öffentlich. Dieser Öffentlichkeitsgrundsatz verlangt, dass jedermann bei der Sitzung anwesend sein kann und sich jeder Interessierte ohne besondere Schwierigkeiten Kenntnis von Ort und Zeit der Sitzung verschaffen kann. Das Gericht muss daher sicherstellen, dass eine Verhandlung oder Beweisaufnahme an einem anderen Ort als dem Sitzungssaal ohne besondere Schwierigkeit zur Kenntnis genommen werden kann.

In einem kürzlich entschiedenen Fall, musste das Bundesarbeitsgericht darüber urteilen, ob der Öffentlichkeitsgrundsatz verletzt ist, wenn der Vorsitzende zur Einsichtnahme eines Beweisvideos die Verhandlung in sein Dienstzimmer verlegt, hierzu allerdings kein Hinweis auf der Tagesordnung der zu verhandelnden Verfahren erfolgt (BAG, Beschluss. v. 22.09.2016 – 6 AZN 376/16).

Das höchste deutsche Arbeitsgericht sah durch eine solche Verfahrensweise den Öffentlichkeitsgrundsatz verletzt. Dies allerdings nicht schon deswegen, weil als Verhandlungsort das Dienstzimmer des Vorsitzenden gewählt worden war. Dieses hätte ausreichend Platz für Zuhörer geboten. Die Rechtsverletzung folgte allerdings daraus, dass ein später erscheinender, interessierter Zuhörer nur ein leeres Sitzungszimmer vorgefunden hätte und ohne Hinweis auf der Tagesordnung von einer beendeten Sitzung ausgehen musste. Die Möglichkeit der Kontrollfunktion der Öffentlichkeit sah das BAG daher nicht mehr gewährleistet. Die Vorinstanz – das Landesarbeitsgericht – muss nun erneut verhandeln.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Pflichten bei Prozesskostenhilfe (BAG, Beschl. v. 18.8.2016 – 8 AZB 16/16)

By Arbeitsrecht

Wer in Deutschland einen Prozess führen möchte, allerdings nur über eingeschränkte finanzielle Mittel verfügt, kann zusammen mit seiner Klage einen Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) stellen. Wird die PKH bewilligt, so werden die Gerichtskosten und die Kosten seines beigeordneten Rechtsanwalts von der Landeskasse übernommen. Grundsätzlich ist gemäß § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) Voraussetzung für die Bewilligung von PKH, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Übernahme der Kosten rechtfertigen und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Aber auch wenn die PKH bewilligt ist, gibt es für die antragstellende Partei fortwirkende Pflichten.

In dem Vordruck, den die Partei hierfür auszufüllen hat, ist auch immer eine Belehrung darüber enthalten, wonach innerhalb von vier Jahren seit der Beendigung des Verfahrens dem Gericht wesentliche Verbesserungen in der wirtschaftlichen Lage oder eine Änderung der Anschrift unaufgefordert und unverzüglich mitzuteilen sind. Anderenfalls droht auch die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung der PKH.

Kürzlich hatte das Bundesarbeitsgericht darüber zu entscheiden, ob und welcher Verschuldensmaßstab anzusetzen ist, wenn eine Änderung der Verhältnisse nicht unaufgefordert mitgeteilt wird (BAG, Beschl. v. 18.8.2016 – 8 AZB 16/16). Die Vorinstanzen entzogen dem Kläger die ursprünglich bewilligte PKH, da eine Anschriftenänderung nicht mitgeteilt worden war. Hierbei hatten die Gerichte allerdings nicht überprüft, ob die fehlende Mitteilung absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit erfolgte. Das wäre aber Voraussetzung, so das BAG. Ob ein solches, schuldhaft unredliches, Verhalten vorlag, muss nun die Vorinstanz überprüfen.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Nebentätigkeit des Arbeitnehmers (BAG, Urt. v. 16.8.1990 – 2 AZR 113/90)

By Arbeitsrecht

Das Arbeitsverhältnis ist ein gegenseitiges Schuldverhältnis mit Rechten und Pflichten, bei dem auf der einen Seite der Arbeitgeber vor allem möchte, dass der Arbeitnehmer sich voll und ganz der Erledigung der Arbeitsaufgaben widmet und der Arbeitnehmer ein Interesse daran hat, seine Arbeitskraft bestmöglich, auch durch eine Nebentätigkeit, gegen Entgelt zu verwerten.

In Arbeitsverträgen finden sich verschiedenste Klauseln, die die Ausübung von Nebentätigkeiten regeln. Die durch Art.12 Grundgesetz gewährleistete Berufsfreiheit umfasst auch die grundsätzliche Freiheit, einer Nebentätigkeit nachzugehen, sodass eine Klausel, nach der jedwede Nebentätigkeit von vornherein verboten ist, unzulässig ist. Häufig ist vorgesehen, dass der Arbeitnehmer lediglich seinen Arbeitgeber zu informieren hat und eine Nebentätigkeit ausgeschlossen ist, die eine Wettbewerbstätigkeit darstellt.

Es ist nachvollziehbar, dass der Arbeitgeber es nicht dulden muss, dass sein Angestellter während der Zeit seiner Tätigkeit auch gleichzeitig bei einem Konkurrenten tätig wird. Ein Verstoß hiergegen kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen (BAG 16.8.1990 – 2 AZR 113/90). Darüber hinaus muss der Arbeitnehmer entsprechend §§ 60, 61 HGB das herausgeben, was er durch seine Konkurrenztätigkeit erlangt hat. Wer während einer angeblichen Arbeitsunfähigkeit einer Nebentätigkeit nachgeht, riskiert ebenfalls eine fristlose Kündigung seines Arbeitsverhältnisses. Letzten Endes hängt die Zulässigkeit von Regelungen über eine Nebentätigkeit maßgeblich davon ab, wie stark der Arbeitnehmer in seiner Berufsfreiheit beschränkt wird. Dem geringfügig Beschäftigten ist eine Nebentätigkeit eher zuzugestehen, als dem leitenden Angestellten.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Nachvertragliches Wettbewerbsverbot (BAG, Urt. v. 15.1.2014 – 10 AZR 243/13)

By Arbeitsrecht

Nicht nur in sehr sensiblen Branchen ist der Arbeitgeber regelmäßig daran interessiert, dass die bei ihm beschäftigten Mitarbeiter mit dem dort erlangten Wissen nach einer Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht direkt bei einem Mitbewerber weiterarbeiten. Aus diesem Grund enthalten Arbeitsverträge mitunter ein sogenanntes nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Im Gegensatz zum immer bestehenden Wettbewerbsverbot während des Arbeitsverhältnisses, muss ein Wettbewerbsverbot für die Zeit danach gesondert vereinbart werden.

Gesetzlich geregelt ist das Wettbewerbsverhältnis in den §§ 74 ff. Handelsgesetzbuch (HGB). Danach bedarf das Wettbewerbsverbot der Schriftform, darf nicht länger als zwei Jahre dauern und muss für die Zeit des Verbotes eine Entschädigung vorsehen, die mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen ausmacht. Sonderzahlungen, wie etwa ein Weihnachtsgeld, fließen bei der Berechnung mit ein.

Sieht das Wettbewerbsverbot keine Entschädigung vor ist es nichtig. Ist das Verbot zu lange bemessen oder die Entschädigung unter Berücksichtigung aller Umstände zu gering, ist das Wettbewerbsverbot unverbindlich. Sofern es unverbindlich ist, hat der Arbeitnehmer die Wahl, ob er das Wettbewerbsverbot einhält und die Karenzentschädigung beansprucht oder sich von dem Wettbewerbsverbot löst. In einer Entscheidung aus dem Jahr 2014 urteilte das Bundesarbeitsgericht, dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot dann unverbindlich ist, wenn die Höhe der Entschädigung in das Ermessen des Arbeitgebers gestellt wird, ohne dass eine Mindesthöhe vorgesehen ist (BAG, Urt. v. 15.1.2014 – 10 AZR 243/13).

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Lohn auch ohne Nachtschicht (BAG, Urt. v. 9.4.2014 – 10 AZR 637/13)

By Arbeitsrecht

Die Art und Weise der Arbeitsleistung bestimmt sich nach den Vereinbarungen im Arbeitsvertrag. Kann der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nur noch mit Einschränkungen anbieten, so stellt sich die Frage, ob dies ein ordnungsgemäßes Angebot dem Arbeitgeber gegenüber darstellt. Falls ja, erlangt der Arbeitnehmer seinen Lohnanspruch auch dann, wenn der Arbeitgeber ihn nicht beschäftigt, so genannter Verzugslohn.

In einer Entscheidung aus dem Jahr 2014 hatte sich das Bundesarbeitsgericht mit der Frage auseinanderzusetzen, inwieweit der Arbeitgeber im Rahmen seiner Weisungsbefugnis die vertragsgemäße Beschäftigung soweit konkretisieren kann, dass der Arbeitnehmer nur so oder gar nicht die Arbeit ordnungsgemäß erbringen konnte (BAG, Urt. v. 9.4.2014 – 10 AZR 637/13).

In der Entscheidung des BAG bestand bei dem Arbeitgeber, einem Krankenhaus mit Vollversorgung, ein Schichtsystem auch mit Nachtschichten. Die klagende Krankenschwester konnte aufgrund notwendiger Medikamente die Nachtschicht nicht ausüben. Sie bot dem Arbeitgeber jedoch an, zu allen anderen Zeiten zu arbeiten. Der Arbeitgeber ließ sich hierauf nicht ein und betrachtete die Arbeitnehmerin als arbeitsunfähig erkrankt. Die Arbeitnehmerin klagte auf Beschäftigung ohne Nachtschicht und ihr entgangene Vergütung. Die Vorinstanzen und das BAG gaben der Klägerin Recht. Nur weil sie keine Nachtschicht ausüben könne, sei sie nicht arbeitsunfähig erkrankt. Der Arbeitgeber müsse den Arbeitsplatz der Klägerin so organisieren, dass für sie keinerlei Nachtschichten anfallen.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Anrechnung von Urlaub bei Kündigung (BAG, Urt. v. 10.02.2015 – 9 AZR 455/13)

By Arbeitsrecht

Wird ein Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber fristlos und vorsorglich bzw. hilfsweise ordentlich unter Wahrung der Kündigungsfrist gekündigt, wird häufig im Kündigungsschreiben erklärt, dass der Arbeitnehmer für den Fall, dass die außerordentliche Kündigung unwirksam ist, seine Arbeitsleistung in der Zeit bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist nicht mehr erbringen muss (Freistellung). Damit der Arbeitgeber in einem solchen Fall nicht Geld ohne Arbeitsleistung und zusätzlich noch bestehende Urlaubsansprüche bezahlen muss, wird dann häufig erklärt, dass in die Zeit der Freistellung noch bestehender Urlaub eingerechnet wird.

Für die Privatwirtschaft hatte das Bundesarbeitsgericht bereits Anfang 2015 geurteilt, dass eine solche vorsorgliche Anrechnungserklärung nur dann wirksam noch bestehende Urlaubsansprüche betrifft, wenn in dem Kündigungsschreiben die Vergütung der Urlaubstage vorbehaltlos zugesichert wird oder die Urlaubstage ausbezahlt werden (BAG, Urt. v. 10.02.2015 – 9 AZR 455/13).

Auch für den öffentlichen Dienst hat dies das BAG Anfang 2016 so entschieden (BAG, Urt. 2016 – 2 AZR 449/15). Alleine der Umstand dass ein öffentlicher Arbeitgeber kaum Zweifeln über die Zahlungsfähigkeit unterliegt, berechtigt ihn nicht dazu, eine vorsorgliche Urlaubsgewährung in der obigen Konstellation ohne Bezahlung oder bedingungslose Zahlungszusage zu erklären und damit den Urlaubsanspruch zu erfüllen. Auch in diesem Fall gilt: vorbehaltlose Zusage der Urlaubsvergütung oder Auszahlung.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Ausschlussfristen in der Pflegebranche (BAG, Urt. v. 24.08.2016 – 5 AZR 703/15)

By Arbeitsrecht

Ausschlussfristen beschäftigen die Arbeitsgerichte immer wieder und waren auch hier schon Thema. Um die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren abzukürzen und bereits vorher Gewissheit darüber zu haben, ob noch Ansprüche geltend gemacht werden oder nicht, wird in Arbeitsverträgen regelmäßig vereinbart, dass Ansprüche innerhalb einer bestimmten Frist geltend zu machen sind und sie anderenfalls verfallen. Nicht selten weichen dabei arbeitsvertragliche und tarifliche Ausschlussfristen voneinander ab. Im Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG), welches vorliegend Anwendung fand, war unter anderem geregelt, dass eine Ausschlussfrist nur durch Tarifvertrag geregelt werden kann und mindestens sechs Monate betragen muss.

In einem aktuellen Streitfall hatte die Klägerin, angestellt als Pflegehilfskraft, ein vom Arbeitgeber nicht gezahltes Entgelt im Krankheitsfall erst zu einem Zeitpunkt geltend gemacht, der nach der vertraglichen dreimonatigen Ausschlussfrist lag. Der Arbeitgeber wandte neben der verspäteten Geltendmachung ein, das AentG sei nur auf „echten“ Lohn, nicht aber auf Lohnfortzahlungsansprüche anwendbar und seine Klausel daher insoweit wirksam. Die Vorinstanzen gaben der Klage auf Zahlung von EUR 972,00 nebst Zinsen statt.

Das Bundesarbeitsgericht bestätigte in seiner aktuellen Entscheidung die Vorinstanzen (BAG, Urt. v. 24.08.2016 – 5 AZR 703/15). Die Klägerin hat für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Diesen Anspruch musste sie nicht in der vertraglichen Dreimonatsfrist geltend machen. Die Klausel des Arbeitsvertrags zum Ausschluss von Ansprüchen ist auch insgesamt unwirksam, so dass weder Lohnansprüche, noch krankheitsbedingte Lohnfortzahlungsansprüche verfallen sind.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Befristung bei Heimarbeit (BAG, Urt. v. 24.08.2016 – 7 AZR 342/14)

By Arbeitsrecht

Nach § 14 Abs.1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ist eine befristete Beschäftigung ohne einen sachlichen Grund dann nicht mehr möglich, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Das, was also grundsätzlich zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses möglich ist – zwei Jahre Befristung ohne Sachgrund – hat der Gesetzgeber bei einem zuvor bestehenden Arbeitsverhältnis zum Schutz des Arbeitnehmers eingeschränkt.

Das Bundesarbeitsgericht hatte vor kurzem zu entscheiden, ob diese Einschränkung für das „Normalarbeitsverhältnis“ auch Anwendung findet, wenn jemand in Heimarbeit tätig ist (BAG, Urt. v. 24.08.2016 – 7 AZR 342/14). Die Klägerin war zunächst mehrere Jahre bei der Beklagten als Heimarbeiterin beschäftigt gewesen. Zuletzt hatte die klagende Arbeitnehmerin mit der Beklagten einen befristeten Arbeitsvertrag von etwas mehr als einem Jahr abgeschlossen. Nachdem die Beklagte die Beschäftigung nach dem Ablauf der Befristung nicht fortsetzte begehrte die Klägerin die gerichtliche Feststellung, dass ihr Arbeitsverhältnis weiter besteht.

Die Vorinstanzen und das BAG wiesen die Klage ab. Ein Heimarbeitsverhältnis nach dem Heimarbeitsgesetz sei kein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 14 TzBfG. Der Pressemitteilung des BAG ist keine weitere Begründung zu entnehmen. Allerdings hatte bereits die Vorinstanz die unterschiedliche Behandlung mit den Unterschieden von Heimarbeit und regulärem Arbeitsverhältnis begründet. Im Heimarbeitsverhältnis muss beispielsweise kein Arbeitsplatz vorgehalten werden und dort besteht auch kein Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz.

Autor: Rechtsanwalt tobias Michael

Verkehrsrecht – Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers muss Rechtsanwaltsgebühren tragen (OLG FFM, Urteil vom 2.12.2014 – 22 U 171/13)

By Verkehrsrecht

Sowohl das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 2.12.2014 – 22 U 171/13) als auch das Amtsgericht Münster (Urteil vom 15.3.2016 – 96 C 4048/15) haben in jüngeren Entscheidungen die ständige Rechtsprechung erneut bestätigt und nochmals bekräftigt, dass selbst bei einfachen Verkehrsunfällen die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erforderlich ist. Im Klartext bedeutet dies,dass der geschädigte Eigentümer eines bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs selbst dann einen Rechtsanwalt einschalten kann, ohne hierfür die Kosten tragen zu müssen, wenn die Haftung augenscheinlich klar ist und es keinerlei Streit gibt.

Das OLG Frankfurt am Main meint, dies sei bereits dann geben, wenn es um die Verrechnung eines Vorschusses geht. Das Amtsgericht Münster hält die Einschaltung eines Rechtsanwalts für erforderlich, weil die Frage der Erstattung von Sachverständigenkosten eine vertiefte anwaltliche Beratung erfordere.

Fazit: Egal wie klar und einfach der Fall scheint, die Beratung eines Anwalts brauchen Sie sich nicht entgehen lassen. Die Rechtsanwaltsgebühren werden von der gegnerischen Haftpflichtversicherung erstattet. Gerade vor dem Hintergrund von unbekannten, aber erstattungsfähigen Schadenspositionen (Nutzungsausfall, Haushaltsführungsschaden usw.) sollte also jeder Geschädigte nach einem Unfall einen Anwalt aufsuchen.

Arbeitsrecht – Kündigung wegen Wiederverheiratung (BAG, Beschl. v. 28.07.2016 – 2 AZR 746/14)

By Arbeitsrecht

Das Ausmaß der im Arbeitsrecht geltenden Loyalitätspflichten der Arbeitnehmer hängt nicht zuletzt davon ab, wer der Arbeitgeber ist. Dadurch kann es sogar dazu kommen, dass ein Verhaltenskodex oder Moralvorstellungen bis in das Privatleben hineinreichen. Zu spüren bekam dies in einem aktuellen Verfahren, welches das Bundesarbeitsgericht (BAG) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vorgelegt hat, ein kirchlicher Arbeitnehmer (BAG, Beschl. v. 28.07.2016 – 2 AZR 746/14).

Geklagt hatte ein leitender katholischer Kirchenmitarbeiter, dem aufgrund einer Wiederheirat gekündigt worden war. Sowohl nach der im Kündigungszeitpunkt geltenden kirchlichen Grundordnung, als auch nach seinem Arbeitsvertrag, wurde ein Leben in kirchenrechtlich ungültiger Ehe als schwerwiegender Loyalitätsverstoß und damit Kündigungsgrund gesehen.

Als der Kläger sich weltlich scheiden ließ und einige Jahre später wieder heiratete, sprach die Beklagte eine Kündigung aus. Denn kirchenrechtlich war die zweite Ehe noch unzulässig. Der Kläger wehrte sich dagegen. Er sah insbesondere eine Ungleichbehandlung, da Arbeitnehmer ohne oder anderer Konfession bei einer Wiederheirat weder abgemahnt noch gekündigt wurden.

Der Kläger bekam zunächst in allen Instanzen Recht. Das daraufhin angerufene Bundesverfassungsgericht (BVerfG) war aber mit der Urteilsbegründung des BAG nicht so recht einverstanden und verwies den Rechtsstreit an das BAG „zur Korrektur“ zurück. Wenn der EuGH geklärt hat, ob Kirchen bei der Bewertung loyalen Verhaltens Unterschiede zwischen den Glaubensrichtungen machen dürfen, wird das BAG erneut entscheiden.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Streik mit Folgen (BAG, Urt. v. 26.07.2016 – 1 AZR 160/14)

By Arbeitsrecht

Der Streik ist das Kampfmittel der Gewerkschaften, um Interessen der tariflich organisierten Arbeitnehmer durchzusetzen, wenn alle anderen Gespräche gescheitert sind. Allerdings gibt es auch für eine solche Maßnahme Spielregeln, deren Verletzung sogar Schadensersatzpflichten auslösen kann. Ein Streik ist beispielsweise in der Zeit unzulässig, in der ein Tarifvertrag gilt, sogenannte Friedenspflicht. Das Bundesarbeitsrecht hat kürzlich entschieden, inwieweit sich die Beklagte Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) schadensersatzpflichtig gemacht hat, als sie im Jahr 2012 den Frankfurter Flughafen bestreikt hat (BAG, Urt. v. 26.07.2016 – 1 AZR 160/14).

Der geltende Tarifvertrag war in Teilen zum Ende 2011 kündbar, was die beklagte Gewerkschaft auch tat. Verschiedene Regelungen des Tarifvertrags waren dagegen erst Ende 2017 kündbar. Nachdem das anschließende Schlichtungsverfahren scheiterte, rief die GdF zum Streik auf, der aber auch zum Ziel hatte, die noch nicht gekündigten Teile des Tarifvertrags zu ändern.

Die Klägerin, die Betreibergesellschaft des Frankfurter Flughafens (Fraport), begehrt Ersatz der durch den Streik entstandenen Schäden, weil es sich um einen insgesamt unzulässigen Streik gehandelt habe. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Argument, die Schäden wären auch entstanden, wenn der Streik sich nur auf die Forderungen ohne Friedenspflicht beschränkt hätte, ließ das BAG allerdings nicht gelten. Denn dies könne man nicht beurteilen, da es sich bei einem zulässigen Streik „…nicht um diesen, sondern um einen anderen Streik gehandelt“ hätte. Das Landesarbeitsgericht muss nunmehr zur Höhe der Schäden Feststellungen treffen.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Verkehrsrecht – Der Geschädigte kann sich auf seinen Gutachter verlassen (AG Hamburg-Harburg, Urt.v. 29.06.2016 – Az: 647 C 70/16 –)

By Allgemein, Verkehrsrecht

Immer wieder versuchen, die Haftpflichtversicherungen des Unfallverursachers den Restwert des geschädigten Fahrzeugs durch Angebote überreginal tätiger Auto-Aufkäufer nach oben zu drücken, um so dem Geschädigten einen geringeren Schadenersatz auszuahlen zu müssen.

Das AG Hamburg-Harburg kommt in seinem Urteil vom 29.06.2016 – Az: 647 C 70/16 – wieder zu dem Ergebnis, dass bei Ermittlung des Wiederbeschaffungsaufwandes der im Schadensgutachten festgestellte Wert maßgeblich ist. Im vorliegenden Fall hatte der Gutachter drei Angebote auf dem maßgeblichen regionalen Markt ermittelt und der Bezifferung des Restwerts das höchste Angebot zugrunde gelegt. Zu eben diesem Betrag veräußerte der Kläger den Unfallwagen auch. Er durfte auf den ermittelten Wert vertrauen. Der Kläger war nicht verpflichtet, im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht vor Veräußerung des Unfallwagens bei dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung nachzufragen, ob dort ein besseres Restwertangebot vorliegt, zumal er den vom Gutachter ausgewiesenen Restwert bei Veräußerung auch tatsächlich erzielte.

Es bleibt also beim Alten: Wer vor Erhalt der erhöhten Restwertangebote sein Fahrzeug verkauft, muss sich später nicht drücken lassen.

 

Rechtsanwalt Müller

Arbeitsrecht – Schätzung von Bonuszahlungen durch das Gericht (BAG, Urt. v. 03.08.2016 – 10 AZR 710/14)

By Arbeitsrecht

Wer in einem Prozess etwas geltend macht, muss in der Regel die für ihn günstigen Umstände vortragen und beweisen, damit das Gericht diese überprüfen und ihm gegebenenfalls die geltend gemachte Forderung zusprechen kann. Schwierig wird das immer dann, wenn der Kläger nur eingeschränkte Kenntnisse von den Umständen hat, die für seine Klageforderung von Belang sind. Behelfen kann sich der Kläger in diesen Fällen, in dem er das Gericht die Höhe der Forderung schätzen lässt. Allerdings muss er auch für eine Schätzung dem Gericht ausreichend Fakten an die Hand geben.

In einem aktuellen Fall hatte das Bundesarbeitsgericht darüber zu entscheiden, ob die Vorinstanz einen Bonus anstelle des Arbeitgebers festzusetzen hat, wenn dieser im Prozess nicht begründet hatte, weshalb der Bonus des klagenden Arbeitnehmers für das im Streit stehende Jahr auf null reduziert hatte (BAG, Urt. v. 03.08.2016 – 10 AZR 710/14).

Im Jahr zuvor hatte der klagende Bankangestellte noch eine erhebliche Bonuszahlung erhalten. Daher gehe es nicht zu Lasten des Klägers, wenn der beklagte Arbeitgeber zu den Bemessungsfaktoren vollständig schweigt. In diesem Falle muss sich das Gericht an dem orientieren, was die Parteien insgesamt an bestimmenden Faktoren vorgetragen haben. Dies muss das Landesarbeitsgericht, welches die Klage abgewiesen hatte, nunmehr tun.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Kündigung wegen „Negerkuss“ (ArbG Frankfurt am Main, Urt. v. 13.07.2016 – Az. 15 Ca 1744/16)

By Arbeitsrecht

Schaumkuss, Schokokuss oder doch Negerkuss? Bestimmte Ausdrücke gelten heutzutage als nicht mehr politisch korrekt. Hierauf haben bereits viele Unternehmen, insbesondere aus der Nahrungsmittelbranche, reagiert. In diesem Zusammenhang stellt sich allerdings auch die Frage, inwieweit ein Verstoß gegen Sprachregelungen arbeitsrechtliche Konsequenzen haben kann.

Zu spüren bekam dies laut Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Frankfurt (ArbG Frankfurt am Main, Urt. v. 13.07.2016 – Az. 15 Ca 1744/16) ein Mitarbeiter des Reiseveranstalters Thomas Cook. Dieser hatte in der Kantine gegenüber einer aus Kamerun stammenden Mitarbeiterin statt eines Schokokusses einen „Negerkuss“ bestellt. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber fristlos. Zu Unrecht befand das Arbeitsgericht. Wer, wie der Kläger, zehn Jahre beanstandungsfrei gearbeitet habe, sei wegen eines solchen Vorfalls ohne vorherige Abmahnung weder außerordentlich fristlos, noch ordentlich kündbar. Gegen das Urteil ist die Berufung möglich.

Der Pressemitteilung des Arbeitsgerichts sind leider keine genaueren Umstände zu entnehmen. Sollte es aber etwa so gewesen sein, dass es bereits mehrere solcher oder ähnlicher Vorfälle gab, scheint zumindest eine ordentliche Kündigung denkbar. Grundsätzlich aber gilt: eine Kündigung wegen des Verhaltens kann ohne vorherige Abmahnung kann nur in ganz besonderen Ausnahmefällen gerechtfertigt sein; insbesondere dann, wenn der Verstoß so schwerwiegend ist, dass ein gedeihliches Miteinander nicht mehr möglich erscheint.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

 

Arbeitsrecht – Einsichtnahme in die Personalakte (BAG, Urt. v. 12.07.2016 – Az. 9 AZR 791/1)

By Arbeitsrecht

Grundsätzlich hat jeder Arbeitnehmer das Recht, Einsicht in seine Personalakte zu nehmen. Besteht in dem Unternehmen ein Betriebsrat, darf der Arbeitnehmer bei der Einsichtnahme ein Betriebsratsmitglied hinzuziehen, § 83 Abs.1 Betriebsverfassungsgesetz. Ob der Arbeitnehmer bei der Einsichtnahme auch einen Rechtsanwalt mitnehmen darf, hat nun das Bundesarbeitsgericht entschieden (BAG, Urt. v. 12.07.2016 – Az. 9 AZR 791/1).

In diesem Fall war so, dass der klagende Arbeitnehmer mit seinem Rechtsanwalt die Personalakte begutachten wollte. Der beklagte Arbeitgeber verweigerte dies, erlaubte dem Arbeitnehmer allerdings, Kopien zu fertigen. Dies genügte dem Kläger nicht, sodass er die gerichtliche Durchsetzung versuchte. Sowohl die Vorinstanzen, als auch das höchste deutsche Arbeitsgericht wiesen die Klage ab.

Für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts gebe es keine gesetzliche Grundlage. Die Pflichten des Arbeitgebers, auf die Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen, werden ausreichend dadurch gewahrt, dass dieser sich Kopien anfertigen kann. Wenn diese Möglichkeit besteht, kann der Arbeitnehmer einem möglichen Rechtsbeistand ausreichend Fakten für eine fachliche Einschätzung an die Hand geben.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Mindestlohn und Bereitschaftszeiten (BAG, Urt. v. 29.06.2016 – 5 AZR 716/15)

By Arbeitsrecht

Seit der Einführung des Mindestlohngesetzes (MiloG) beschäftigen bei dessen Anwendung die Gerichte verschiedenste Fragen. Das Bundesarbeitsgericht hatte vor kurzem die Gelegenheit zu entscheiden, inwieweit Bereitschaftsdienst gesondert mit dem Mindestlohn zu vergüten ist (BAG, Urt. v. 29.06.2016 – 5 AZR 716/15). Die Entscheidung sorgt insgesamt für etwas mehr Rechtssicherheit.

Zunächst einmal stellte BAG klar, dass auch Bereitschaftszeiten im Rettungsdienst – geklagt hatte ein Rettungssanitäter – mindestlohnpflichtig sind. Damit knüpfte es an seine Rechtsprechung aus dem Bereich der Pflegebranche aus dem Jahr 2014 an. Für die Bereitschaftszeiten verlangte der Kläger unter Berufung auf den Mindestlohn eine gesonderte Vergütung, was aber nach dem Arbeitsvertrag nicht vorgesehen war.

Das BAG bestätigte die Vorinstanzen und wies die Zahlungsklage des Arbeitnehmers ab. Soweit aus der bisherigen Pressemitteilung ersichtlich, kommt es lediglich darauf an, dass sich bei einer Umrechnung des Monatslohns auf die geleisteten Arbeitsstunden ein Stundenlohn von mehr als 8,50 € ergibt. Diese Vorgabe hatte der Arbeitgeber selbst bei Einbeziehung der Bereitschaftszeiten mit fast 13,00 € Stundenlohn erfüllt. Eine gesonderte Vergütung der Zeiten der Arbeitsbereitschaft musste also nicht erfolgen.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Zulässigkeit von Kettenbefristungen (BAG, Urt. v. 08.06.2016 – Az.: 7 AZR 259/14)

By Arbeitsrecht

Die Befristung von Arbeitsverträgen ist regelmäßig Gegenstand von Auseinandersetzungen vor den Arbeitsgerichten. Da nach dem Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) eine Befristung ohne Sachgrund nur für maximal zwei Jahre möglich ist, drehen sich die meisten Streitigkeiten bei längeren Befristungen darum, ob ein Sachgrund für eine Befristung gegeben ist. Aber selbst dann, wenn ein Sachgrund, wie beispielsweise die Vertretung eines anderen Arbeitnehmers, gegeben ist, kann bei zu vielen aufeinanderfolgenden Befristungen – sogenannte Kettenbefristung – die Befristung unwirksam sein.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) beschäftigte sich vor allem im Jahr 2012 mit der Frage, wann bei einer solch langen Beschäftigung trotz eines Sachgrundes die Befristung wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam sein kann (BAG, Urt. v. 18.07.2012 – 7 AZR 443/09). In dieser Entscheidung war die Klägerin über einen Zeitraum von 11 Jahren und 13 Befristungen ständig mit dem Grund der Vertretung anderer Arbeitnehmer befristet beschäftigt worden. Das BAG sah hierin einen Missbrauch der an sich gegebenen Befristungsmöglichkeiten.

Aktuell hatte das Bundesarbeitsgericht darüber zu entscheiden, ob einer Aneinanderreihung von befristeten Verträgen für einen Zeitraum von 22 Jahren im Hochschulbereich noch zulässig ist oder nicht (BAG, Urt. v. 08.06.2016 – Az.: 7 AZR 259/14). Dort kann etwa eine Befristung mehrmals für bis zu 6 Jahre erfolgen, wenn sie der wissenschaftlichen Qualifizierung dient. Aus diesem Grunde sah das BAG selbst die sehr lange Befristungsdauer nicht als rechtsmissbräuchlich an.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Reinigungskosten für Arbeitskleidung (BAG, Urt. v. 14.06.2016 – 9 AZR 181/15)

By Arbeitsrecht

Wenn im Betrieb bestimmte Arbeitskleidung getragen werden muss, so kann dies deshalb sein, weil der Arbeitgeber kraft seines Direktionsrechts es so wünscht oder aber auch, weil dies gesetzliche Vorschriften so vorschreiben. Streit entsteht dann beispielsweise darüber, ob die Sachen überhaupt getragen werden müssen, ob die Zeiten des An-und Umkleidens Arbeitszeit sind oder, wie unlängst durch das Bundesarbeitsgericht entschieden (BAG, Urt. v. 14.06.2016 – 9 AZR 181/15), von wem die Reinigungskosten zu tragen sind.

In dem vom BAG zu entscheidenden Fall, war es so, dass der klagende Arbeitnehmer die vorgenommenen Abzüge für die Reinigung der Arbeitskleidung in Höhe von insgesamt EUR 388,74 netto für die zurückliegenden drei Jahre verlangte. Der Kläger war im Schlachthof der beklagten Arbeitgeberin im Bereich der Schlachtung beschäftigt, wofür diese Hygienekleidung zur Verfügung stellte.

Sowohl die Vorinstanzen, als auch das BAG urteilten, dass die Arbeitgeberin die Kosten der Reinigung zu tragen hat. Hierbei seien die Regelungen eines Auftragsverhältnisses gemäß § 670 BGB heranzuziehen, wonach die Kosten von demjenigen zu tragen sind, in dessen Interesse das Geschäft oder die Handlung vorgenommen wurde. Hier musste die beklagte Arbeitgeberin aufgrund besonderer Hygienevorschriften geeignete Arbeitskleidung verwenden und dementsprechend auch die Arbeitnehmer damit ausstatten. Da damit schon das Gesetz den Anspruch stützte, musste das BAG nicht entscheiden, ob die Übernahme der Reinigungskosten vertraglich hätte vereinbart werden müssen bzw. können.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Fußball-Europameisterschaft und Arbeitspflichten

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„Der Ball ist rund, und ein Spiel dauert 90 Minuten“ und „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“. So oder so ähnlich werden in den kommenden Wochen im Rahmen der Fußball- Europameisterschaft mehrere Millionen Bundestrainer die, Sepp Herberger zugeschriebenen, Zitate wiedergeben. Da die Anstoßzeiten mit 15, 18 und 21 Uhr nicht uneingeschränkt arbeitnehmerfreundlich sind und ein Sieg der Lieblingsmannschaft gefeiert werden will, fragt sich, wie sich das mit den gegenseitigen Rechten und Pflichten im Arbeitsverhältnis verträgt.

§ 611 Abs.1 BGB bestimmt „durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.“ Mit anderen Worten: es gilt der Grundsatz, kein Geld ohne Arbeit. Das bedeutet auch, dass man nicht während seiner Arbeitszeit ausnahmsweise (vermehrt) Internet oder Handy nutzen darf, um Spielberichte abzufragen, wenn dies nicht ausdrücklich gestattet ist. Wer gar nicht anders kann, muss Urlaub nehmen oder kann die Gelegenheit nutzen, um aufgelaufene Überstunden abzubauen.

Eine Fußball – EM gibt auch keinen Freifahrtschein für den Genuss von Alkohol oder lässt Ausnahmen bei der Kleiderordnung zu. Wer also am Tag nach einem großartigen Spiels, beispielsweise der deutschen Nationalmannschaft, alkoholisiert im Deutschland-Trikot zur Arbeit kommt, riskiert erheblichen Ärger, der von einer Abmahnung bis zur Kündigung reichen kann.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass nach wie vor dieselben Regeln im Arbeitsverhältnis gelten. Womöglich wird der Chef aber hier und da ein Auge zudrücken, wenn nach einer Ausnahme gefragt wird.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Pfändbarkeit von Zuschlägen (LG Trier, Beschl. v. 12.5.2016 – 5 T 33/16)

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Warum auch immer es so weit kommen kann, dass jemand seine Forderungen zwangsweise im Wege einer Pfändung gegen einen anderen durchsetzt: der Gesetzgeber hat für diesen Fall in den §§ 850 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) vorgesehen, dass das Arbeitseinkommen zum Teil beschränkt pfändbar und zum Teil sogar unpfändbar ist.

Der § 850 c ZPO sichert insoweit die Existenzgrundlage mit einem Grundfreibetrag. Dieser bestimmt sich nach der jeweils geltenden Pfändungstabelle, in der auch Unterhaltspflichten berücksichtigt werden; so genannter Pfändungsfreibetrag. In § 850a ZPO ist geregelt, welche Bezüge unpfändbar sind.

Nunmehr hat das Landgericht Trier laut Pressemitteilung vom 03.06.2016 beschlossen, dass Sonntags-, Feiertags-und Wochenendzuschüsse zum Arbeitsentgelt unpfändbar sind, weil es sich um sogenannte Erschwerniszulagen handelt, die im Vollstreckungsverfahren besonders zu schützen sind (LG Trier, Beschl. v. 12.5.2016 – 5 T 33/16). Das Gericht war im Gegensatz zur Vorinstanz der Auffassung, dass auch flexible Arbeitszeiten eine relevante Mehrbelastung nach sich ziehen, die besonders gegen den Gläubigerzugriff zu schützen sei. Hierbei bezog es sich auch auf Entscheidungen des Landgerichts Hannover und des Landgerichts Stendal.

Da die Rechtsprechung hierzu allerdings nicht einheitlich ist, hat das LG Trier die sogenannte Rechtsbeschwerde zugelassen. Die Entscheidung ist daher noch nicht rechtskräftig.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Anrechnung von Leistungen auf den Mindestlohn (BAG, Urt. v. 25.05.2016 – 5 AZR 135/16)

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Seit der Einführung des Gesetzes über das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) herrschte vielfach Streit darüber, ob verschiedene Entgeltbestandteile auf das Arbeitsentgelt angerechnet werden können, um den Betrag des Mindestlohns von 8,50 €/ h zu erreichen.

In einem kürzlich entschiedenen Fall vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG, Urt. v. 25.05.2016 – 5 AZR 135/16) ging es darum, dass ein Arbeitgeber Weihnachts- und Urlaubsgeld nach dem Inkrafttreten des MiLoG zum 01.01.2015 nicht mehr jährlich, sondern jeweils monatlich aufgeteilt zum Grundgehalt geleistet hatte, so dass die klagende Arbeitnehmerin auf mehr als 8,50 € brutto die Stunde kam. Die Klägerin war dagegen der Ansicht, Weihnachts- und Urlaubsgeld seien neben einem, auf 8,50 € zu erhöhenden, Stundenlohn zu zahlen. Außerdem wandte sich die Klägerin gegen die Berechnung von Zuschlägen für Mehr-, Sonn- und Nachtarbeit auf der Grundlage des niedrigeren vertraglichen Stundenlohns. Sie war der Auffassung, der gesetzliche Mindestlohn sei hierfür Berechnungsgrundlage.

Der vom BAG veröffentlichten Pressemitteilung 24/16 kann in manchen Bereichen noch keine endgültige Bewertung entnommen werden. Festhalten lässt sich jedoch, dass solche Entgeltbestandteile, die eine Gegenleistung für eine erbrachte Arbeitsleistung darstellen, auch angerechnet werden können. Nicht anrechnungsfähig sind solche Zahlungen, die nicht der Abgeltung der Arbeitsleistung dienen, wie etwa die Belohnung einer Betriebstreue.

Für die Klägerin hatte dies zur Folge, dass Urlaubs-und Weihnachtsgeld angerechnet werden konnten. Bis auf den Nachtzuschlag waren auch die anderen Zuschläge anzurechnen, sodass dadurch der Mindestlohn erreicht wurde. Im Ergebnis kommt es, wie so häufig, auf die Formulierung in den für das Arbeitsverhältnis wesentlichen Vertragswerken an.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Formerfordernisse beim Antrag auf Elternzeit (BAG, Urt. v. 10. Mai 2016 – 9 AZR 145/15)

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Im Rechtsverkehr haben nicht nur schriftliche Erklärungen eine Wirkung – beispielsweise kann ein Arbeitsvertrag mündlich geschlossen werden – jedoch kommt der Schriftlichkeit eine besondere Warn-, Beweis- und Identitätsfunktion zu: wer etwas unterschreiben soll, überlegt sich dies in der Regel sehr genau und wer dieses Schriftstück erhält, hat ein Beweismittel.

Dementsprechend definiert das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in den §§ 126 – 127, wann eine Schriftform, Textform oder vereinbarte Form vorliegt. Verlangt ein Gesetz selbst eine Schriftform, wie etwa bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, so ist diese Schriftform nur dann gewahrt, wenn die Erklärung auf dem Papier „von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichen unterzeichnet“ wurde.

Laut einer Pressemitteilung 23/16 zu einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urt. v. 10. Mai 2016 – 9 AZR 145/15) war es einer Klägerin zum Verhängnis geworden, dass sie ihren Antrag auf Elternzeit lediglich per Fax und nicht (auch) im Original Ihrem Arbeitgeber übermittelt hatte. Gemäß § 16 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) muss diese Erklärung schriftlich erfolgen.

Ein Telefax sei insofern nicht ausreichend, urteilten die Richter. Der besondere Kündigungsschutz der Elternzeit lag bei der Klägerin daher nicht vor. Die Kündigung des Arbeitgebers nach dem Ende des Mutterschutzes war damit wirksam. Besonderheiten, die es dem Beklagten nach Treu und Glauben verwehrt hätten, sich auf den Formverstoß zu berufen, lagen nach Ansicht des Gerichts nicht vor.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Tabakrauchfreier Arbeitsplatz im Casino (BAG, Urt. v. 10.05.2016 – 9 AZR 347/15)

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Rauchen und Glückspiel! Was auf den ersten Blick beinahe „doppelt verboten“ erscheint, war kürzlich Gegenstand einer Entscheidung vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG, Urt. v. 10.05.2016 – 9 AZR 347/15). Geklagt hatte ein nichtrauchender Croupier aus Hessen, der durchschnittlich zweimal pro Woche zwischen 6 und 10 Stunden in einem abgetrennten Raucherraum arbeiten musste. Der Raucherraum war mit einer Klimaanlage und einer Be- und Entlüftungsanlage ausgestattet.

Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) verpflichtet in § 5 den Arbeitgeber, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die nicht rauchenden Arbeitnehmer vor den Gesundheitsgefahren des Tabakrauchs zu schützen. Diese Schutzpflicht wird zugunsten des Arbeitgebers eingeschränkt, als bei Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr eine Abwägung mit der Natur des Betriebs und der Art der Beschäftigung erfolgen muss.

Der Kläger hatte in den Vorinstanzen verloren. Auch das BAG wies die Klage auf einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz ab. Dem Arbeitgeber kam dabei insbesondere zugute, dass im Hessischen Nichtraucherschutzgesetz ausdrücklich das Rauchen in Spielbanken zugelassen ist. Der beklagte Arbeitgeber habe dazu seiner Verpflichtung zum Gesundheitsschutz genüge getan, da der Raucherraum abgetrennt sei und Be- und Entlüftung sowie die zeitlich beschränkte Tätigkeit den Gefahren des Tabakrauchs ausreichend begegne.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht/ Sozialrecht – Wegeunfall oder privates Pech (LSG Hessen, Urt. v. 02.02.2016 – L 3 U 108/15)

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Wer als Arbeitnehmer seinen vertraglichen Pflichten nachkommen will, muss sich auf den Weg zu seiner Arbeitsstelle begeben. Egal ob zu Fuß, mit dem Auto, Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln – wenn etwas passiert, stellt sich immer die Frage, ob es sich um einen Unfall auf dem versicherten Arbeitsweg oder im privaten Bereich handelt. Der Versicherungsschutz des § 8 Abs.2 Sozialgesetzbuch (SGB) VII beginnt grundsätzlich mit dem Durchschreiten der heimischen Außenhaustür und endet mit dem Erreichen des Betriebsgeländes.

Streit kommt in diesem Zusammenhang häufig auf, wenn der Arbeitnehmer auf seinem Weg zur Arbeit Um- bzw. Abwege wählt und dabei etwas passiert. Geschieht die Abweichung vom unmittelbaren Weg aus privaten Gründen, besteht für diese Zeit kein Versicherungsschutz durch die Berufsgenossenschaft (BVerfG, 30.11.2004 – 1 BvR 1750/03).

In einer aktuellen Entscheidung vor dem Landessozialgericht Hessen (LSG Hessen, Urt. v. 02.02.2016 – L 3 U 108/15) war die Frage zu klären, ob die Berufsgenossenschaft einstehen muss, wenn ein Beschäftigter sein Auto auf dem Weg zur Arbeit aus dem Innenhof seines Hauses herausfährt, aussteigt und auf dem Weg zurück, zum Verschließen seines Hoftores, auf eisglatter Fahrbahn ausrutscht und sich verletzt. Die Berufsgenossenschaft lehnte eine Entschädigung ab, weil der Kläger aus privaten Gründen den unmittelbaren Arbeitsweg unterbrochen habe. Das LSG Hessen sah dies nicht so und stufte den Unfall als Wegeunfall ein. Die Unterbrechung sei so kurz gewesen, dass sie den Versicherungsschutz nicht beeinflusse.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Betriebsrat und separates Internet und Telefon (BAG, Beschl .v. 20.04.2016 – 7 ABR 50/14)

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In Betrieben, in denen ein Betriebsrat tätig ist, hat dieser gemäß § 40 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) Anspruch auf Übernahme der für seine Tätigkeit entstehenden Kosten. Dazu gehört auch, dass dem Betriebsrat in erforderlichen Umfang für seine Tätigkeit u.a. Information-und Kommunikationstechnik zur Verfügung gestellt wird. Dieses Recht ist in zweierlei Hinsicht Gegenstand von Entscheidungen der Arbeitsgerichte. Zum einen wird gern um die Frage der Erforderlichkeit gestritten. Zum anderen darüber, welche Sachmittel nun genau zur Verfügung gestellt werden müssen.

Seinerzeit hatte der Schlecker-Konzern es beispielsweise als ausreichend angesehen, wenn dem Betriebsrat für seine laufende Geschäftsführung eine Schreibmaschine statt eines Computers zur Verfügung gestellt wird. Verschiedene Landesarbeitsgerichte sind dem nicht gefolgt und haben dem Betriebsrat einen PC mittlerer Art und Güte nebst Software zugebilligt (u.a. LAG Hamm, Beschl. v. 14.05.2010 – 10 TaBV 97/09).

Mit Pressemitteilung Nr.18/16 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) jüngst mitgeteilt, dass es für die Tätigkeit des Betriebsrats nicht notwendig ist, dass er einen Zugang zum Internet unabhängig vom Netzwerk des Arbeitgebers, und auch keinen, von der Telefonanlage des Arbeitgebers unabhängigen, Telefonanschluss erhält (BAG, Beschl .v. 20.04.2016 – 7 ABR 50/14). Das BAG entschied, dass der Betriebsrat zwar einen Internetzugang mit E-Mail-Postfach und einen Telefonanschluss verlangen kann. Alleine die abstrakte Gefahr einer Überwachung der Kommunikation rechtfertige aber nicht einen separaten Telefon- oder Internetanschluss.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Entschädigung bei Ablehnung wegen Kopftuch (ArbG Berlin, Urt. v. 14.04.2016 – Az. 58 Ca 13376/15)

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Bewerbungen um eine ausgeschriebene Stelle enden nicht selten in einem Rechtsstreit um die Frage, ob die Gründe für die Ablehnung rechtmäßig sind. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sieht eine Entschädigung für ungerechtfertigte Benachteiligungen vor. Das Arbeitsgericht Berlin hatte am 14.04.2016 darüber zu entscheiden, ob die Entschädigungsklage einer abgelehnten Bewerberin um eine Stelle als Grundschullehrerin rechtswidrig war, weil die Bewerberin ein muslimisches Kopftuch trägt (ArbG Berlin, Urt. v. 14.04.2016 – Az. 58 Ca 13376/15).

Das beklagte Land war der Auffassung, dass es gemäß des „Berliner Neutralitätsgesetzes“ berechtigt war, eine Bewerberin wegen des Tragens religiös geprägter Kleidungsstücke ablehnen zu können. § 2 Neutralitätsgesetzes schreibt diese Kleiderordnung unter anderem Lehrkräften in öffentlichen Schulen vor. Die Klägerin berief sich insbesondere auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 27.01.2015 (1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10), in welchen seinerzeit das Schulgesetz von Nordrhein-Westfalen (NRW) Gegenstand der Entscheidungen war.

Im Unterschied zum Schulgesetz aus NRW, in dem vom BVerfG gleichheitswidrige Privilegien zugunsten der christlichen Religion gesehen wurden, erachtete das Arbeitsgericht Berlin das Berliner Neutralitätsgesetz als ein Gesetz, welches alle Religionen gleich behandele. Das Berliner Arbeitsgericht machte daher auch nicht von der Möglichkeit Gebrauch, das BVerfG zur Rechtmäßigkeit des Neutralitätsgesetzes zu befragen und entschied selbst, indem es die Klage abwies. Gegen dieses Urteil ist die Berufung möglich. Womöglich wird auch das Bundesverfassungsgericht am Ende noch entscheiden müssen.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Besorgnis der Befangenheit (BAG, Beschl. v. 17.03.2016 – 6 AZN 1087/15)

By Arbeitsrecht

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren gelten dieselben rechtsstaatlichen Grundsätze, wie in anderen Verfahren auch. Hierzu zählt insbesondere das Recht des Einzelnen auf den gesetzlichen Richter gemäß Art.101 Abs.1 Satz 2 Grundgesetz (GG). Dieser Anspruch soll auch garantieren, dass der Rechtsuchende im Einzelfall vor einem Richter steht, der unabhängig und unparteilich ist und der die Gewähr für Neutralität und Distanz gegenüber den Verfahrensbeteiligten bietet. Die Verfahrensordnungen müssen darum Regelungen vorsehen, die es ermöglichen, einen Richter, bei dem diese Gewähr nicht (mehr) gegeben ist, von der Ausübung eines Amtes abzulösen (BVerfG, Urt. v. 15.06.2015 – 1 BvR 1288/14).

In einem kürzlich entschiedenen Fall fand das Bundesarbeitsgericht (BAG, Beshl. v. 17.3.2016 – 6 AZN 1087/15) deutliche Worte für die Richter der 9. Kammer des Sächsischen Landesarbeitsgerichts, welches über mehrere Befangenheitsanträge in einem Verfahren zu entscheiden hatte. Anlass hierfür war die Vorgehensweise des Gerichts, eine Zustellung eines Urteils an die Parteien in unterschiedlicher Art und Weise vorzunehmen. Ein Parteivertreter sah hierin eine ungerechtfertigte Schlechterstellung und lehnte daher den Vorsitzenden der 9. Kammer wegen der Besorgnis der Befangenheit für den weiteren Prozessverlauf ab. Die 9. Kammer entschied über den Befangenheitsantrag unter Mitwirkung des abgelehnten Vorsitzenden, woraufhin ein weiterer Befangenheitsantrag gegen die gesamte Kammer gestellt wurde. Auch dieser Antrag wurde verworfen.

Das BAG stellte klar, dass der Vorsitzende nur bei offenkundig rechtsmissbräuchlichen Befangenheitsanträgen auch (über sich selbst) mit entscheiden könne. Hierzu erklärte das BAG allerdings, dass vorliegend „…die Tragweite des Rechts auf den gesetzlichen Richter verkannt…“ worden war. Hinsichtlich des zweiten Antrags erklärte das BAG, dass „…damit Art. 101 Abs. 2 GG schwerwiegend verletzt…“ worden sei. Das BAG hat im Ergebnis den Rechtsstreit an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zur weiteren Verhandlung zurückverwiesen.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Bestimmtheit einer Kündigungserklärung (BAG, Urt. v. 20.1.2016 – 6 AZR 782/14)

By Arbeitsrecht

Ein Vertragsverhältnis – speziell ein Arbeitsverhältnis – zu beenden, scheint auf den ersten Blick nicht besonders schwierig zu sein. Es wird schriftlich erklärt, dass das Arbeitsverhältnis gekündigt wird und diese Erklärung wird dem Empfänger übermittelt. Die Kündigung ist auch eine einseitige Erklärung, zu der es keinerlei weiterer Handlung des Empfängers, wie etwa Bestätigung oder Zustimmung, bedarf. Hat also der Empfänger die Kündigung erhalten, wird er wohl auch verstehen, dass sein Arbeitsverhältnis ein Ende findet. Wurde in diesem Zusammenhang eine fristlose bzw. außerordentliche Kündigung und vorsorglich eine ordentliche Kündigung zum nächst möglichen Termin ausgesprochen, geht hieraus hervor, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ab sofort, jedenfalls aber schnellstmöglich mit der ordentlichen Kündigungsfrist beendet haben will.

Vor kurzem hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) darüber zu entscheiden, ob neben einer außerordentlichen Kündigung eine solche vorsorgliche ordentliche Kündigung zum nächst möglichen Termin hinreichend bestimmt ist (BAG, Urt. v. 20.1.2016 – 6 AZR 782/14). Die Vorinstanzen urteilten unterschiedlich.

Das BAG sah die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung als wirksam an. Eine solche Formulierung, zumal neben einer außerordentlichen Kündigung, lasse ausreichend erkennen, dass das Arbeitsverhältnis beendet werden soll. Die Formulierung „zum nächst zulässigen Termin“ ist auch ausreichend bestimmt, da für den Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist ermittelbar ist. Das gelte erst recht in diesem Fall, da sogar ohne ausdrückliche Erklärung einer ordentlichen Kündigung, eine Umdeutung der außerordentlichen in eine ordentliche Kündigung zum nächst möglichen Termin in Betracht komme. Da die fristlose Kündigung unwirksam war, endete das Arbeitsverhältnis also zum ordentlichen Beendigungszeitpunkt.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – betriebliches Eingliederungsmanagement und Mitbestimmung (BAG, Beschl. v. 22.3.2016 – 1 ABR 14/14)

By Arbeitsrecht

Im Rahmen des Gesundheitsschutzes ist gemäß § 84 Abs.2 SGB IX vorgesehen, dass bei mehreren Erkrankungen oder einer längeren Erkrankung von insgesamt mehr als sechs Wochen im Jahr, ein sogenanntes betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) vorgenommen wird. Hierdurch soll die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden und eine erneute Arbeitsunfähigkeit möglichst vermieden werden. Mit Zustimmung des Arbeitnehmers kann auch der Betriebsrat beteiligt werden.

In einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) war darüber zu entscheiden, in welcher Art und Weise der Betriebsrat Einfluss auf ein bEM nehmen darf bzw. in welchem Umfang er die Einhaltung der Vorschriften hierzu überwachen kann (BAG, Beschl. v. 22.3.2016 – 1 ABR 14/14). Ursprünglich konnten sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht darauf verständigen, dass ein eigenständiges, gesetzlich nicht geregeltes, „Integrationsteam“ gebildet wird.

Vor der Einigungsstelle des Arbeitsgerichts, welche bei ungelösten Streitfragen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat anzurufen ist, wurde eine Entscheidung zugunsten des Betriebsrates getroffen. Hiergegen ging der Arbeitgeber vor. Die Vorinstanzen entschieden unterschiedlich. Letztlich urteilte das BAG, dass der Betriebsrat lediglich bei der Aufstellung von Verfahrensgrundsätzen dazu, wie die Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers überwunden werden kann, ein Mitbestimmungsrecht hat. So etwas wie die Bildung eines ständigen, vom Gesetz nicht vorgesehenen, „Integrationsteams“ könne allein der Arbeitgeber vornehmen.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Altersdiskriminierung durch frühere Rentenmöglichkeit (BAG, Urt. v. 17.03.2016 – 8 AZR 677/14)

By Arbeitsrecht

Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz durchzieht das Arbeitsrecht in verschiedenen Konstellationen. Eine spezielle Ausprägung hat dieser Grundsatz in Form des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) gefunden. Liegt ein Verstoß gegen dieses Gesetz vor, kommt die Geltendmachung von Schadensersatz nach § 15 AGG in Betracht.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer jüngst ergangenen Entscheidung festgestellt, dass ein vertraglich vereinbartes Ende des Arbeitsverhältnisses zum 60. Lebensjahr keinen Fall von Altersdiskriminierung darstellt (BAG, Urt. v. 17.03.2016 – 8 AZR 677/14). Gegenstand des Verfahrens war ein Arbeitsverhältnis, in welchem der 1952 geborene Kläger in der Zeit von 1985-2012 bei dem beklagten Unternehmen der Automobilindustrie beschäftigt war. Das ursprüngliche Arbeitsverhältnis sah eine Beendigung mit dem Erreichen des 65. Lebensjahres vor. Im Jahr 2005 bot die Beklagte leitenden Führungskräften, zu denen der Kläger gehörte, eine Änderung des Arbeitsverhältnisses mit dem Konzept „60+“ an. Danach war eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem 60. Lebensjahr gegen Erhalt eines Kapitalbetrages vorgesehen. Der Kläger nahm dieses Änderungsangebot an.

Nach dem Ausscheiden des Klägers im Jahr 2012, erhielt dieser einen Kapitalbetrag i.H.v. EUR 123.120,00. Kurze Zeit später wurde das Konzept „60+“ durch ein neues Konzept „62+“ abgelöst. Der Kläger war der Auffassung, dass die Beklagte ihm dieses Vertragsangebot hätte unterbreiten müssen und verlangte eine Entschädigung, weil er zu früh aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei.

Ebenso wie die Vorinstanzen wies das BAG die Klage ab. Zunächst verneinte es eine Altersdiskriminierung durch das Vertragsangebot „60+“. Dieses Angebot wurde allen leitenden Führungskräften unterbreitet, so dass keine Diskriminierung wegen des Alters vorlag. Wegen der Umstellung des Konzepts auf „62+“ verweigerte das Gericht ebenfalls eine Entschädigung, da der Kläger zum Zeitpunkt des neuen Konzepts bereits aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden war.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Nachweis von Überstunden (BAG, Urt. v. 23.09.2015 – 5 AZR 767/13)

By Arbeitsrecht

Wer im Betrieb länger arbeitet, als vertraglich vorgesehen, leistet Überstunden. In den seltensten Fällen werden diese Überstunden wegen des unverminderten Arbeitsanfalls als Freizeitausgleich genommen werden können. Als flexibles Instrument zum Ansammeln und Ausgleichen von Mehr-oder Minderarbeit hat sich die Führung von Arbeitszeitkonten erwiesen. Befinden sich auf diesem Arbeitszeitkonto am Ende des Arbeitsverhältnisses noch Zeiten geleisteter Mehrarbeit, sind diese durch Geld auszugleichen.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte kürzlich darüber zu entscheiden, ob eine neben dem Arbeitszeitkonto vom Arbeitnehmer geführte Liste von Überstunden ausreicht, um den Nachweis von Überstunden zu erbringen, die der Arbeitgeber angeordnet oder geduldet hatte (BAG, Urt. v. 23.09.2015 – 5 AZR 767/13).

Geklagt hatte eine Arbeitnehmerin, die im Jahr 2008 eine Arbeitszeitaufstellung mit einem Plus von 414 Stunden erhalten hatte. Der Arbeitgeber führte das Arbeitszeitkonto ab da nicht mehr weiter und die Arbeitnehmerin legte sich eine eigene Liste an, in der sie für sich ein eigenes Arbeitszeitkonto führte. Die Arbeitnehmerin klagte neben den 414 Stunden weitere 643 Stunden ein, also insgesamt eine Abgeltung für 1.057 Stunden, was in Summe EUR 18.357,28 brutto ausmachte. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht beurteilten die Angelegenheit unterschiedlich. Das BAG sprach der Klägerin lediglich einen Betrag von EUR 7.178,76 brutto für die nachgewiesenen 414 Stunden zu. Hinsichtlich der 643 Stunden sah es das BAG nicht als ausreichend an, dass lediglich eine Strichliste geführt wurde, die vom Arbeitgeber auch nicht abgezeichnet war. Die Klägerin hätte genaue Aufzeichnungen zum Anlass und zur Art und Weise der Überstunden machen müssen.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Arbeitsplatzwechsel und Sperrzeit (SG Speyer, Urt. v. 17.02.2016 – S 1 AL 63/15)

By Arbeitsrecht

Wer sich beruflich verändern möchte, schafft nicht immer gleich den Wechsel von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis in das nächste. Nimmt man dann in Kauf, dass das neue Arbeitsverhältnis zunächst einmal nur befristet ist, sollte man auch im Blick haben, was passiert, wenn sich die Hoffnung auf eine längere Beschäftigung nicht erfüllt und das neue Arbeitsverhältnis mit der Befristung endet. Je nach Konstellation könnte die Bundesagentur für Arbeit hierin eine bewusste Herbeiführung der Arbeitslosigkeit sehen und eine Sperrzeit von zwölf Wochen gemäß § 159 Sozialgesetzbuch III aussprechen, während derer kein Arbeitslosengeld gezahlt wird.

In einer etwas älteren Entscheidung hatte das Bundessozialgericht (BSG) über eine solche Sperrzeit zu entscheiden (BSG, Urt. v. 12.07.2006 – B 11a AL 55/05) und geurteilt, dass bei einem nahtlosen anknüpfen an das alte Beschäftigungsverhältnis und dem Erwerb neuer Fertigkeiten die Berufswahlfreiheit einer Sperrfrist entgegensteht. Im Übrigen sei auch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit Risiken verbunden, da beispielsweise das Kündigungsschutzgesetz erst nach sechs Monaten Anwendung finden könne. Angedeutet hatte das BSG, dass bei einer ganz kurzen Befristung von 2 bis 3 Monaten womöglich etwas anderes gelte.

Womöglich bekommt das BSG nunmehr die Möglichkeit, dies zu konkretisieren. Das Sozialgericht Speyer hatte unlängst in einer Konstellation zu entscheiden, in der das auf 2 Monate befristete Arbeitsverhältnis, in das der Kläger gewechselt war, nicht mehr fortgesetzt wurde (SG Speyer, Urt. v. 17.02.2016 – S 1 AL 63/15). Das Gericht gestand dem von der Sperrzeit betroffenen Arbeitnehmer den Wechsel zu, da in dem neuen Arbeitsverhältnis wesentlich attraktivere Arbeitsbedingungen bestanden hatten und durch den kürzeren Anfahrtsweg die Fahrtkosten drastisch verringert waren. Gegen das Urteil sind Rechtsmittel möglich.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael