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Arbeitsrecht – Fußball-Europameisterschaft und Arbeitspflichten

By Arbeitsrecht

„Der Ball ist rund, und ein Spiel dauert 90 Minuten“ und „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“. So oder so ähnlich werden in den kommenden Wochen im Rahmen der Fußball- Europameisterschaft mehrere Millionen Bundestrainer die, Sepp Herberger zugeschriebenen, Zitate wiedergeben. Da die Anstoßzeiten mit 15, 18 und 21 Uhr nicht uneingeschränkt arbeitnehmerfreundlich sind und ein Sieg der Lieblingsmannschaft gefeiert werden will, fragt sich, wie sich das mit den gegenseitigen Rechten und Pflichten im Arbeitsverhältnis verträgt.

§ 611 Abs.1 BGB bestimmt „durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.“ Mit anderen Worten: es gilt der Grundsatz, kein Geld ohne Arbeit. Das bedeutet auch, dass man nicht während seiner Arbeitszeit ausnahmsweise (vermehrt) Internet oder Handy nutzen darf, um Spielberichte abzufragen, wenn dies nicht ausdrücklich gestattet ist. Wer gar nicht anders kann, muss Urlaub nehmen oder kann die Gelegenheit nutzen, um aufgelaufene Überstunden abzubauen.

Eine Fußball – EM gibt auch keinen Freifahrtschein für den Genuss von Alkohol oder lässt Ausnahmen bei der Kleiderordnung zu. Wer also am Tag nach einem großartigen Spiels, beispielsweise der deutschen Nationalmannschaft, alkoholisiert im Deutschland-Trikot zur Arbeit kommt, riskiert erheblichen Ärger, der von einer Abmahnung bis zur Kündigung reichen kann.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass nach wie vor dieselben Regeln im Arbeitsverhältnis gelten. Womöglich wird der Chef aber hier und da ein Auge zudrücken, wenn nach einer Ausnahme gefragt wird.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Pfändbarkeit von Zuschlägen (LG Trier, Beschl. v. 12.5.2016 – 5 T 33/16)

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Warum auch immer es so weit kommen kann, dass jemand seine Forderungen zwangsweise im Wege einer Pfändung gegen einen anderen durchsetzt: der Gesetzgeber hat für diesen Fall in den §§ 850 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) vorgesehen, dass das Arbeitseinkommen zum Teil beschränkt pfändbar und zum Teil sogar unpfändbar ist.

Der § 850 c ZPO sichert insoweit die Existenzgrundlage mit einem Grundfreibetrag. Dieser bestimmt sich nach der jeweils geltenden Pfändungstabelle, in der auch Unterhaltspflichten berücksichtigt werden; so genannter Pfändungsfreibetrag. In § 850a ZPO ist geregelt, welche Bezüge unpfändbar sind.

Nunmehr hat das Landgericht Trier laut Pressemitteilung vom 03.06.2016 beschlossen, dass Sonntags-, Feiertags-und Wochenendzuschüsse zum Arbeitsentgelt unpfändbar sind, weil es sich um sogenannte Erschwerniszulagen handelt, die im Vollstreckungsverfahren besonders zu schützen sind (LG Trier, Beschl. v. 12.5.2016 – 5 T 33/16). Das Gericht war im Gegensatz zur Vorinstanz der Auffassung, dass auch flexible Arbeitszeiten eine relevante Mehrbelastung nach sich ziehen, die besonders gegen den Gläubigerzugriff zu schützen sei. Hierbei bezog es sich auch auf Entscheidungen des Landgerichts Hannover und des Landgerichts Stendal.

Da die Rechtsprechung hierzu allerdings nicht einheitlich ist, hat das LG Trier die sogenannte Rechtsbeschwerde zugelassen. Die Entscheidung ist daher noch nicht rechtskräftig.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Anrechnung von Leistungen auf den Mindestlohn (BAG, Urt. v. 25.05.2016 – 5 AZR 135/16)

By Arbeitsrecht

Seit der Einführung des Gesetzes über das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) herrschte vielfach Streit darüber, ob verschiedene Entgeltbestandteile auf das Arbeitsentgelt angerechnet werden können, um den Betrag des Mindestlohns von 8,50 €/ h zu erreichen.

In einem kürzlich entschiedenen Fall vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG, Urt. v. 25.05.2016 – 5 AZR 135/16) ging es darum, dass ein Arbeitgeber Weihnachts- und Urlaubsgeld nach dem Inkrafttreten des MiLoG zum 01.01.2015 nicht mehr jährlich, sondern jeweils monatlich aufgeteilt zum Grundgehalt geleistet hatte, so dass die klagende Arbeitnehmerin auf mehr als 8,50 € brutto die Stunde kam. Die Klägerin war dagegen der Ansicht, Weihnachts- und Urlaubsgeld seien neben einem, auf 8,50 € zu erhöhenden, Stundenlohn zu zahlen. Außerdem wandte sich die Klägerin gegen die Berechnung von Zuschlägen für Mehr-, Sonn- und Nachtarbeit auf der Grundlage des niedrigeren vertraglichen Stundenlohns. Sie war der Auffassung, der gesetzliche Mindestlohn sei hierfür Berechnungsgrundlage.

Der vom BAG veröffentlichten Pressemitteilung 24/16 kann in manchen Bereichen noch keine endgültige Bewertung entnommen werden. Festhalten lässt sich jedoch, dass solche Entgeltbestandteile, die eine Gegenleistung für eine erbrachte Arbeitsleistung darstellen, auch angerechnet werden können. Nicht anrechnungsfähig sind solche Zahlungen, die nicht der Abgeltung der Arbeitsleistung dienen, wie etwa die Belohnung einer Betriebstreue.

Für die Klägerin hatte dies zur Folge, dass Urlaubs-und Weihnachtsgeld angerechnet werden konnten. Bis auf den Nachtzuschlag waren auch die anderen Zuschläge anzurechnen, sodass dadurch der Mindestlohn erreicht wurde. Im Ergebnis kommt es, wie so häufig, auf die Formulierung in den für das Arbeitsverhältnis wesentlichen Vertragswerken an.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Formerfordernisse beim Antrag auf Elternzeit (BAG, Urt. v. 10. Mai 2016 – 9 AZR 145/15)

By Arbeitsrecht

Im Rechtsverkehr haben nicht nur schriftliche Erklärungen eine Wirkung – beispielsweise kann ein Arbeitsvertrag mündlich geschlossen werden – jedoch kommt der Schriftlichkeit eine besondere Warn-, Beweis- und Identitätsfunktion zu: wer etwas unterschreiben soll, überlegt sich dies in der Regel sehr genau und wer dieses Schriftstück erhält, hat ein Beweismittel.

Dementsprechend definiert das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in den §§ 126 – 127, wann eine Schriftform, Textform oder vereinbarte Form vorliegt. Verlangt ein Gesetz selbst eine Schriftform, wie etwa bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, so ist diese Schriftform nur dann gewahrt, wenn die Erklärung auf dem Papier „von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichen unterzeichnet“ wurde.

Laut einer Pressemitteilung 23/16 zu einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urt. v. 10. Mai 2016 – 9 AZR 145/15) war es einer Klägerin zum Verhängnis geworden, dass sie ihren Antrag auf Elternzeit lediglich per Fax und nicht (auch) im Original Ihrem Arbeitgeber übermittelt hatte. Gemäß § 16 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) muss diese Erklärung schriftlich erfolgen.

Ein Telefax sei insofern nicht ausreichend, urteilten die Richter. Der besondere Kündigungsschutz der Elternzeit lag bei der Klägerin daher nicht vor. Die Kündigung des Arbeitgebers nach dem Ende des Mutterschutzes war damit wirksam. Besonderheiten, die es dem Beklagten nach Treu und Glauben verwehrt hätten, sich auf den Formverstoß zu berufen, lagen nach Ansicht des Gerichts nicht vor.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Tabakrauchfreier Arbeitsplatz im Casino (BAG, Urt. v. 10.05.2016 – 9 AZR 347/15)

By Arbeitsrecht

Rauchen und Glückspiel! Was auf den ersten Blick beinahe „doppelt verboten“ erscheint, war kürzlich Gegenstand einer Entscheidung vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG, Urt. v. 10.05.2016 – 9 AZR 347/15). Geklagt hatte ein nichtrauchender Croupier aus Hessen, der durchschnittlich zweimal pro Woche zwischen 6 und 10 Stunden in einem abgetrennten Raucherraum arbeiten musste. Der Raucherraum war mit einer Klimaanlage und einer Be- und Entlüftungsanlage ausgestattet.

Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) verpflichtet in § 5 den Arbeitgeber, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die nicht rauchenden Arbeitnehmer vor den Gesundheitsgefahren des Tabakrauchs zu schützen. Diese Schutzpflicht wird zugunsten des Arbeitgebers eingeschränkt, als bei Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr eine Abwägung mit der Natur des Betriebs und der Art der Beschäftigung erfolgen muss.

Der Kläger hatte in den Vorinstanzen verloren. Auch das BAG wies die Klage auf einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz ab. Dem Arbeitgeber kam dabei insbesondere zugute, dass im Hessischen Nichtraucherschutzgesetz ausdrücklich das Rauchen in Spielbanken zugelassen ist. Der beklagte Arbeitgeber habe dazu seiner Verpflichtung zum Gesundheitsschutz genüge getan, da der Raucherraum abgetrennt sei und Be- und Entlüftung sowie die zeitlich beschränkte Tätigkeit den Gefahren des Tabakrauchs ausreichend begegne.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht/ Sozialrecht – Wegeunfall oder privates Pech (LSG Hessen, Urt. v. 02.02.2016 – L 3 U 108/15)

By Arbeitsrecht

Wer als Arbeitnehmer seinen vertraglichen Pflichten nachkommen will, muss sich auf den Weg zu seiner Arbeitsstelle begeben. Egal ob zu Fuß, mit dem Auto, Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln – wenn etwas passiert, stellt sich immer die Frage, ob es sich um einen Unfall auf dem versicherten Arbeitsweg oder im privaten Bereich handelt. Der Versicherungsschutz des § 8 Abs.2 Sozialgesetzbuch (SGB) VII beginnt grundsätzlich mit dem Durchschreiten der heimischen Außenhaustür und endet mit dem Erreichen des Betriebsgeländes.

Streit kommt in diesem Zusammenhang häufig auf, wenn der Arbeitnehmer auf seinem Weg zur Arbeit Um- bzw. Abwege wählt und dabei etwas passiert. Geschieht die Abweichung vom unmittelbaren Weg aus privaten Gründen, besteht für diese Zeit kein Versicherungsschutz durch die Berufsgenossenschaft (BVerfG, 30.11.2004 – 1 BvR 1750/03).

In einer aktuellen Entscheidung vor dem Landessozialgericht Hessen (LSG Hessen, Urt. v. 02.02.2016 – L 3 U 108/15) war die Frage zu klären, ob die Berufsgenossenschaft einstehen muss, wenn ein Beschäftigter sein Auto auf dem Weg zur Arbeit aus dem Innenhof seines Hauses herausfährt, aussteigt und auf dem Weg zurück, zum Verschließen seines Hoftores, auf eisglatter Fahrbahn ausrutscht und sich verletzt. Die Berufsgenossenschaft lehnte eine Entschädigung ab, weil der Kläger aus privaten Gründen den unmittelbaren Arbeitsweg unterbrochen habe. Das LSG Hessen sah dies nicht so und stufte den Unfall als Wegeunfall ein. Die Unterbrechung sei so kurz gewesen, dass sie den Versicherungsschutz nicht beeinflusse.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Betriebsrat und separates Internet und Telefon (BAG, Beschl .v. 20.04.2016 – 7 ABR 50/14)

By Arbeitsrecht

In Betrieben, in denen ein Betriebsrat tätig ist, hat dieser gemäß § 40 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) Anspruch auf Übernahme der für seine Tätigkeit entstehenden Kosten. Dazu gehört auch, dass dem Betriebsrat in erforderlichen Umfang für seine Tätigkeit u.a. Information-und Kommunikationstechnik zur Verfügung gestellt wird. Dieses Recht ist in zweierlei Hinsicht Gegenstand von Entscheidungen der Arbeitsgerichte. Zum einen wird gern um die Frage der Erforderlichkeit gestritten. Zum anderen darüber, welche Sachmittel nun genau zur Verfügung gestellt werden müssen.

Seinerzeit hatte der Schlecker-Konzern es beispielsweise als ausreichend angesehen, wenn dem Betriebsrat für seine laufende Geschäftsführung eine Schreibmaschine statt eines Computers zur Verfügung gestellt wird. Verschiedene Landesarbeitsgerichte sind dem nicht gefolgt und haben dem Betriebsrat einen PC mittlerer Art und Güte nebst Software zugebilligt (u.a. LAG Hamm, Beschl. v. 14.05.2010 – 10 TaBV 97/09).

Mit Pressemitteilung Nr.18/16 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) jüngst mitgeteilt, dass es für die Tätigkeit des Betriebsrats nicht notwendig ist, dass er einen Zugang zum Internet unabhängig vom Netzwerk des Arbeitgebers, und auch keinen, von der Telefonanlage des Arbeitgebers unabhängigen, Telefonanschluss erhält (BAG, Beschl .v. 20.04.2016 – 7 ABR 50/14). Das BAG entschied, dass der Betriebsrat zwar einen Internetzugang mit E-Mail-Postfach und einen Telefonanschluss verlangen kann. Alleine die abstrakte Gefahr einer Überwachung der Kommunikation rechtfertige aber nicht einen separaten Telefon- oder Internetanschluss.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Entschädigung bei Ablehnung wegen Kopftuch (ArbG Berlin, Urt. v. 14.04.2016 – Az. 58 Ca 13376/15)

By Arbeitsrecht

Bewerbungen um eine ausgeschriebene Stelle enden nicht selten in einem Rechtsstreit um die Frage, ob die Gründe für die Ablehnung rechtmäßig sind. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sieht eine Entschädigung für ungerechtfertigte Benachteiligungen vor. Das Arbeitsgericht Berlin hatte am 14.04.2016 darüber zu entscheiden, ob die Entschädigungsklage einer abgelehnten Bewerberin um eine Stelle als Grundschullehrerin rechtswidrig war, weil die Bewerberin ein muslimisches Kopftuch trägt (ArbG Berlin, Urt. v. 14.04.2016 – Az. 58 Ca 13376/15).

Das beklagte Land war der Auffassung, dass es gemäß des „Berliner Neutralitätsgesetzes“ berechtigt war, eine Bewerberin wegen des Tragens religiös geprägter Kleidungsstücke ablehnen zu können. § 2 Neutralitätsgesetzes schreibt diese Kleiderordnung unter anderem Lehrkräften in öffentlichen Schulen vor. Die Klägerin berief sich insbesondere auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 27.01.2015 (1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10), in welchen seinerzeit das Schulgesetz von Nordrhein-Westfalen (NRW) Gegenstand der Entscheidungen war.

Im Unterschied zum Schulgesetz aus NRW, in dem vom BVerfG gleichheitswidrige Privilegien zugunsten der christlichen Religion gesehen wurden, erachtete das Arbeitsgericht Berlin das Berliner Neutralitätsgesetz als ein Gesetz, welches alle Religionen gleich behandele. Das Berliner Arbeitsgericht machte daher auch nicht von der Möglichkeit Gebrauch, das BVerfG zur Rechtmäßigkeit des Neutralitätsgesetzes zu befragen und entschied selbst, indem es die Klage abwies. Gegen dieses Urteil ist die Berufung möglich. Womöglich wird auch das Bundesverfassungsgericht am Ende noch entscheiden müssen.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Besorgnis der Befangenheit (BAG, Beschl. v. 17.03.2016 – 6 AZN 1087/15)

By Arbeitsrecht

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren gelten dieselben rechtsstaatlichen Grundsätze, wie in anderen Verfahren auch. Hierzu zählt insbesondere das Recht des Einzelnen auf den gesetzlichen Richter gemäß Art.101 Abs.1 Satz 2 Grundgesetz (GG). Dieser Anspruch soll auch garantieren, dass der Rechtsuchende im Einzelfall vor einem Richter steht, der unabhängig und unparteilich ist und der die Gewähr für Neutralität und Distanz gegenüber den Verfahrensbeteiligten bietet. Die Verfahrensordnungen müssen darum Regelungen vorsehen, die es ermöglichen, einen Richter, bei dem diese Gewähr nicht (mehr) gegeben ist, von der Ausübung eines Amtes abzulösen (BVerfG, Urt. v. 15.06.2015 – 1 BvR 1288/14).

In einem kürzlich entschiedenen Fall fand das Bundesarbeitsgericht (BAG, Beshl. v. 17.3.2016 – 6 AZN 1087/15) deutliche Worte für die Richter der 9. Kammer des Sächsischen Landesarbeitsgerichts, welches über mehrere Befangenheitsanträge in einem Verfahren zu entscheiden hatte. Anlass hierfür war die Vorgehensweise des Gerichts, eine Zustellung eines Urteils an die Parteien in unterschiedlicher Art und Weise vorzunehmen. Ein Parteivertreter sah hierin eine ungerechtfertigte Schlechterstellung und lehnte daher den Vorsitzenden der 9. Kammer wegen der Besorgnis der Befangenheit für den weiteren Prozessverlauf ab. Die 9. Kammer entschied über den Befangenheitsantrag unter Mitwirkung des abgelehnten Vorsitzenden, woraufhin ein weiterer Befangenheitsantrag gegen die gesamte Kammer gestellt wurde. Auch dieser Antrag wurde verworfen.

Das BAG stellte klar, dass der Vorsitzende nur bei offenkundig rechtsmissbräuchlichen Befangenheitsanträgen auch (über sich selbst) mit entscheiden könne. Hierzu erklärte das BAG allerdings, dass vorliegend „…die Tragweite des Rechts auf den gesetzlichen Richter verkannt…“ worden war. Hinsichtlich des zweiten Antrags erklärte das BAG, dass „…damit Art. 101 Abs. 2 GG schwerwiegend verletzt…“ worden sei. Das BAG hat im Ergebnis den Rechtsstreit an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zur weiteren Verhandlung zurückverwiesen.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Bestimmtheit einer Kündigungserklärung (BAG, Urt. v. 20.1.2016 – 6 AZR 782/14)

By Arbeitsrecht

Ein Vertragsverhältnis – speziell ein Arbeitsverhältnis – zu beenden, scheint auf den ersten Blick nicht besonders schwierig zu sein. Es wird schriftlich erklärt, dass das Arbeitsverhältnis gekündigt wird und diese Erklärung wird dem Empfänger übermittelt. Die Kündigung ist auch eine einseitige Erklärung, zu der es keinerlei weiterer Handlung des Empfängers, wie etwa Bestätigung oder Zustimmung, bedarf. Hat also der Empfänger die Kündigung erhalten, wird er wohl auch verstehen, dass sein Arbeitsverhältnis ein Ende findet. Wurde in diesem Zusammenhang eine fristlose bzw. außerordentliche Kündigung und vorsorglich eine ordentliche Kündigung zum nächst möglichen Termin ausgesprochen, geht hieraus hervor, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ab sofort, jedenfalls aber schnellstmöglich mit der ordentlichen Kündigungsfrist beendet haben will.

Vor kurzem hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) darüber zu entscheiden, ob neben einer außerordentlichen Kündigung eine solche vorsorgliche ordentliche Kündigung zum nächst möglichen Termin hinreichend bestimmt ist (BAG, Urt. v. 20.1.2016 – 6 AZR 782/14). Die Vorinstanzen urteilten unterschiedlich.

Das BAG sah die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung als wirksam an. Eine solche Formulierung, zumal neben einer außerordentlichen Kündigung, lasse ausreichend erkennen, dass das Arbeitsverhältnis beendet werden soll. Die Formulierung „zum nächst zulässigen Termin“ ist auch ausreichend bestimmt, da für den Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist ermittelbar ist. Das gelte erst recht in diesem Fall, da sogar ohne ausdrückliche Erklärung einer ordentlichen Kündigung, eine Umdeutung der außerordentlichen in eine ordentliche Kündigung zum nächst möglichen Termin in Betracht komme. Da die fristlose Kündigung unwirksam war, endete das Arbeitsverhältnis also zum ordentlichen Beendigungszeitpunkt.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael