Skip to main content

Arbeitsrecht – Umkleide- und Waschzeiten (LAG Düsseldorf, Az.9 Sa 425/15)

By Arbeitsrecht

Muss ich oder muss ich nicht? Diese Frage stellt sich für Arbeitnehmer auch schon einmal, wenn man bestimmte Berufskleidung tragen muss und sich unsicher ist, ob eine Umkleide-und/oder Waschzeit mit zur Arbeitszeit gehört. Geht man von einer durchschnittlichen täglichen Umkleide-und/oder Waschzeit von insgesamt 15 Minuten aus, summiert sich das bei einer Fünf-Tage-Woche auf 75 Minuten Lebenszeit, die entweder zu vergüten ist oder zur vergütungsfreien Vorbereitungszeit gehört.

Die Beantwortung der Frage wird von der Rechtsprechung nicht einheitlich auf alle Berufsgruppen gleich angewendet. So gehört etwa bei einem Koch oder Flugpersonal die Umkleidezeit nicht zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit. Anders dagegen bei Sicherheitsbekleidung, bei Müllwerkern und insbesondere das Tragen der Berufs-und Bereichskleidung im OP-Bereich folge dienstlichen Belangen. Die Rechtsprechung stellt in diesen Bereichen insbesondere darauf ab, dass eine Weisung des Arbeitgebers vorliegt, wonach die Dienstkleidung notwendig im Betrieb anzulegen ist und dort nach Beendigung der Tätigkeit zu verbleiben hat. Zeit für das An-und Ablegen der Arbeitskleidung ist dann zu vergüten.

Vor dem LAG Düsseldorf hat sich ein diesbezüglicher Rechtsstreit nunmehr durch einen Vergleich erledigt. In dem Rechtsstreit klagte ein Kfz-Mechaniker auf Vergütung seiner Umkleide-und Waschzeiten. Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers findet ein Tarifvertrag Anwendung, in dem als Kleiderordnung geregelt ist, dass Kleidung nur im Dienst getragen werden darf. Das Arbeitsgericht Oberhausen hatte die Umkleide-und Waschzeiten als Arbeitszeit eingestuft. Laut Pressemitteilung hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG Düsseldorf, Az. 9 Sa 425/15) die Parteien in der Berufung darauf hingewiesen, dass es zwischen den Umkleidezeiten und den Waschzeiten differenziert. Hinsichtlich der Umkleidezeiten könnten diese zu vergüten sein. Zur Frage der Waschzeit äußerte das Gericht Zweifel, da immer auch ein individueller Aspekt – Grad der Verschmutzung – zu berücksichtigen sei und sich auch die Frage stelle, welche Duschzeit angemessen sei. Vor dem Hintergrund dieser Unwägbarkeiten schlossen die Parteien einen bis zum 24.08.2015 widerruflichen Vergleich, bei dem es letztlich geblieben ist.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Internetnutzung am Arbeitsplatz (BAG, Urt. v. 7.7.2005 – 2 AZR 581/04)

By Arbeitsrecht

Die Nutzung des Internets ist mittlerweile sogar vom Bundesgerichtshof als für die private Lebensführung von zentraler Bedeutung angesehen worden (BGH, Urt. v. 24.1.2013 – Az. III ZR 98/12). Auch der ein oder andere Arbeitnehmer möchte auf die Nutzung des Internets auch während der Arbeitszeit nicht verzichten. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollten sich allerdings möglichst frühzeitig darüber verständigen. Denn grundsätzlich gilt: Lohn nur gegen Arbeitsleistung.

Verstößt der Arbeitnehmer gegen ein Verbot des Arbeitgebers, am Arbeitsplatz privat zu surfen, kann dies eine Abmahnung oder sogar Kündigung nach sich ziehen. Für eine Kündigung muss der Arbeitnehmer allerdings schon eine ausschweifende private Nutzung an den Tag legen (BAG, Urt. v. 7.7.2005 – Az. 2 AZR 581/04) oder sich beispielsweise gegen ein ausdrückliches Verbot, pornographische Inhalte herunterzuladen, hinwegsetzen (ArbG Düsseldorf, Urt. v. 01.08.2001 – Az. 4 Ca 3437/01).

Aber selbst dann, wenn der Arbeitgeber die Nutzung des Internets für den privaten Gebrauch in einem bestimmten Umfang gestattet, oder der Arbeitgeber eine solche Nutzung über einen längeren Zeitraum hingenommen hat (sogenannte betriebliche Übung), bedeutet dies keinen Freibrief für das private Surfen. Sofern gesetzeswidrige Inhalte oder aber Inhalte, die dem Ansehen des Arbeitgebers schaden können, abgerufen werden, drohen auch insoweit arbeitsrechtliche Sanktionen. Gleiches gilt dann, wenn durch die private Nutzung dem Arbeitgeber deswegen ein Schaden entsteht, weil ein Virus heruntergeladen wird. Zwar stellt sich dann auch immer die Frage nach dem Verschulden – der Arbeitgeber hatte die Nutzung ja grundsätzlich gestattet – jedoch ist der Ärger in einem solchen Falle vorprogrammiert.

Auf jeden Fall sollte man die Nutzung schriftlich regeln, damit jeder genau weiß, was erlaubt ist und was nicht.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Altersrente und befristete Arbeitsverhältnisse (BAG, Urt. v. 11.2.2015 – 7 AZR 17/13)

By Arbeitsrecht

Am Ende eines langen Arbeitslebens steht häufig der verdiente Ruhestand mit dem Bezug einer monatlichen Altersrente. Dies ist aber nicht immer der Fall, sei es weil der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung noch gern einbringen möchte, sei es weil der Arbeitnehmer seine Rente finanziell aufbessern will. Nicht ganz unproblematisch ist dabei die Gestaltung des Arbeitsverhältnisses, insbesondere dann wenn der Arbeitnehmer vorher unbefristet beschäftigt gewesen ist.
Gemäß § 14 Abs.2 S.2 Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG) ist ein befristetes Arbeitsverhältnis im Anschluss an ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nur dann möglich, wenn ein Sachgrund besteht. Anderenfalls bestünde weiterhin ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Grundsätzlich kann das Erreichen des Renteneintrittsalters als Sachgrund dienen. In einem kürzlich vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall (BAG, Urt. v. 11.2.2015 – 7 AZR 17/13) sah das Gericht diesen Sachgrund aber dann nicht mehr als gegeben an, wenn bereits nach Erreichen des Renteneintrittsalters – dort 65. Lebensjahr – ein zu diesem Zeitpunkt einvernehmlich endendes unbefristetes Arbeitsverhältnis durch mehrere befristete Arbeitsverhältnisse fortgesetzt wird. Allein der Bezug von gesetzliche Altersrente rechtfertige die Befristung nicht. Allerdings könne eine konkrete Nachwuchsplanung einen sachlichen Grund für die Befristung darstellen. Hierzu enthielt der Vertrag die Abrede, dass der Kläger eine noch einzustellende Ersatzkraft einarbeitet. Da die Vorinstanz keine Feststellungen dazu getroffen hatte, ob dies als Sachgrund im Sinne des TzBfG anzusehen sei, verwies das BAG den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung an das Landesarbeitsgericht zurück.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Beschäftigungspflicht, Freistellung und Lohn (BAG, Urt. v. 17.12.2015 – 6 AZR 186/14)

By Arbeitsrecht

Sie ruht um die Feiertage vielerorts: die Beschäftigungspflicht. Diese Pflicht, die angebotenen Dienste des Arbeitnehmers auch anzunehmen, leitet das Bundesarbeitsgericht (BAG) aus dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers ab. Dieser Beschäftigungsanspruch muss allerdings dann zurücktreten, wenn besondere schützenswerte Interessen des Arbeitgebers schwerer wiegen. Insbesondere dann, wenn ein Arbeitsverhältnis gekündigt wurde, wird nur bei einer offensichtlichen Unwirksamkeit der Kündigung bzw. bei einem Sieg mit einer Klage in erster Instanz dem Arbeitnehmer ein vorläufiges Recht auf Weiterbeschäftigung zugestanden.

In allen übrigen Fällen hat der Arbeitgeber bei einer Kündigung oder als milderes Mittel in Form einer Suspendierung zumeist das Recht, den Arbeitnehmer einseitig von der Erbringung der Arbeitspflicht unter Fortzahlung von Bezügen und oft auch unter Anrechnung von Überstunden und Urlaubsansprüchen bis zum Ablauf der Kündigungsfrist freizustellen. Mit einer solchen Freistellung bringt der Arbeitgeber regelmäßig zum Ausdruck, dass er trotz der „Beurlaubung“ seines Arbeitnehmers dessen Anspruch auf volle Lohnzahlung erfüllen wird. Darüber hinaus können Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Freistellung auch individuell vereinbaren, wobei vorformulierte Vertragsklauseln in ihrer Wirksamkeit umstritten sind.

Böse Überraschungen kann es dann geben, wenn in einem laufenden Arbeitsverhältnis auf die Erbringung der Arbeitsleistung durch Freistellung des Arbeitnehmers verzichtet wird und dieser trotzdem das vereinbarte Entgelt erhält. Kürzlich hatte das BAG zu entscheiden (BAG, Urt. v. 17.12.2015 – 6 AZR 186/14), ob ein Insolvenzverwalter das ohne Gegenleistung gezahlte Arbeitsentgelt vom Arbeitnehmer – Exfrau des Arbeitgebers – zurückfordern kann, wenn der Arbeitgeber insolvent wird. Gemäß § 134 Abs.1 Insolvenzordnung können unentgeltliche Leistungen des Schuldners, die in den letzten vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt sind, ohne weitere Voraussetzungen angefochten und zurückgefordert werden. Die Vorinstanzen waren sich uneins. Das BAG entschied, dass der ohne Gegenleistung für vier Jahre gezahlte Lohn an den Insolvenzverwalter zurückzuzahlen sei.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Anspruch auf Lohnerhöhung (BAG, Urt. v. 15.07.2009 – 5 AZR 486/08)

By Arbeitsrecht

Aktuell hat es den Anschein, als ginge es der deutschen Wirtschaft so gut wie lange nicht. Wenngleich dieser Zustand nicht in Stein gemeißelt ist, wünscht sich sicherlich der ein oder andere Beschäftigte, an dem wirtschaftlichen Aufschwung teilzuhaben. Hierzu ist allerdings zu sagen, dass es keinen generellen Anspruch auf eine Lohnerhöhung gibt. Eine Lohnerhöhung ist entweder durch die Arbeitsvertragsparteien oder deren Interessenvertreter auszuhandeln. Wer also keinem Tarifvertrag unterliegt, ist auf sein eigenes Verhandlungsgeschick angewiesen. Wer einem Tarifvertrag unterliegt, ist davon abhängig, was für ihn ausgehandelt wird.

Ab und zu kommt es allerdings auch vor, dass ein Unternehmen bestimmte Mitarbeiter oder Mitarbeitergruppen verschieden entlohnen möchte. Dies kann es allerdings nur dann, wenn dafür sachliche Gründe vorhanden sind, so genannter Gleichbehandlungsgrundsatz. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer nicht sachfremd gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage schlechter stellen darf. Gewährt der Arbeitgeber aufgrund einer abstrakten Regelung eine freiwillige Leistung nach einem nachvollziehbaren Prinzip und grenzt damit die Gruppen ausreichend ab, kann dies eine unterschiedliche Entlohnung rechtfertigen.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte in einigen Entscheidungen hierzu Stellung genommen. Als zulässig hatte es das BAG erachtet, dass der Arbeitgeber die Arbeitnehmer von einer Lohnerhöhung ausnimmt, die in den Jahren zuvor, als es dem Betrieb schlechter ging, eine freiwillige Lohnkürzung nicht mitgemacht hatten (BAG, Urt. v. 15.07.2009 – 5 AZR 486/08). Der Arbeitgeber hatte nach Auffassung des BAG einen legitimen Zweck – Ausgleich des damals weggefallenden zusätzlichen Urlaubsgeldes – verfolgt. In einer anderen Entscheidung (BAG, Urt. v. 01.04.2009 – 10 AZR 353/08) sah das BAG wiederum eine Ungleichbehandlung, wenn der Arbeitgeber mit der Erhöhung des Weihnachtsgeldes eine Arbeitszeitverlängerung kompensieren wolle, allerdings in der Ankündigung der Erhöhung des Weihnachtsgeldes auch Anhaltspunkte dafür enthalten sind, dass die Zahlung auch die Betriebstreue und Beschäftigungsdauer belohnt und deswegen bestimmte Arbeitnehmer die Erhöhung nicht bekommen sollen.

 

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Angemessener Ausgleich für Nachtarbeit (BAG, Urt. v. 9.12.2015 – 10 AZR 423/14)

By Arbeitsrecht

Wer in der Nacht arbeitet, soll nach dem Gesetz einen Ausgleich erhalten. Gemäß § 2 Abs.3, 4 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) handelt es sich um Nachtarbeit, wenn mindestens 2 Stunden in der Zeit von 23 bis 6 Uhr bzw. in Bäckereien und Konditoreien von 22 bis 5 Uhr, gearbeitet werden. In Tarifverträgen ist häufig der Beginn der Nachtarbeitszeit vorverlagert.

Nach § 6 Abs.5 ArbZG ist dem Arbeitnehmer für die Nachtarbeit eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder ein angemessener Zuschlag auf das Bruttoeinkommen zu zahlen, wenn tarifvertraglich nichts anderes geregelt ist. Unklar war bislang, welche Höhe der Zuschlag haben musste, um „angemessen“ zu sein.

Dem Bundesarbeitsgericht (BAG) lagen aktuell verschiedene Verfahren zur Entscheidung vor, in welchem um die Höhe des Nachtarbeitszuschlages, also um die Angemessenheit, gestritten wurde. In dem vom BAG entschiedenen Fall (BAG, Urt. v. 9.12.2015 – 10 AZR 423/14) hatte der klagende Arbeitnehmer, ein LKW-Fahrer im Paketlinientransportdienst, einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 30 % vom Stundenlohn geltend gemacht. Der Kläger war regelmäßig erst ab 20:00 Uhr tätig.

Nachdem die Vorinstanzen unterschiedliche Zuschläge als angemessen betrachteten, hat das BAG nunmehr klargestellt, dass ohne Tarifvertrag häufig ein Zuschlag in Höhe von 25 % angemessen ist. Kommen allerdings Besonderheiten hinzu, wie vorliegend eine dauerhafte Nachtarbeit, erhöhe sich der Anspruch regelmäßig auf einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 30 % bzw. eine entsprechende Anzahl freier Tage.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Zugang der Kündigung (BAG, Urt. v. 26.3.2015 – 2 AZR 483/14)

By Arbeitsrecht

Erhält man als Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber eine Kündigung zugestellt, sollte man mit einer Reaktion nicht zu lange warten. Eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht muss innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung erhoben werden. Anderenfalls wird die Kündigung so behandelt, als wäre sie rechtmäßig und das Arbeitsverhältnis endet zu dem im Kündigungsschreiben angegebenen Termin.

In der Vergangenheit hatte die Arbeitsgerichte zum Teil die Frage beschäftigt, wann dem Arbeitnehmer eine Kündigung per Post oder Boten zugegangen war. Eine Kündigung etwa, die vom Arbeitgeber selbst oder einem Boten in den Briefkasten geworfen wird, geht grundsätzlich nur zu den üblichen Zeiten, zu denen mit der Leerung des Postkastens gerechnet werden kann, zu. Eine Kündigung, die also erst in den späten Abendstunden eingeworfen wird, geht erst am nächsten Tag zu. Problematisch sind auch die Fälle, in denen der Arbeitnehmer mit einer Kündigung rechnet und sich quasi dem Empfang zu entziehen versucht. Wird beispielsweise das Namensschild am Postkasten entfernt oder der Einwurf von Schreiben unmöglich gemacht, muss sich der Arbeitnehmer so behandeln lassen, als wäre ihm die Kündigung zugestellt worden.

Das Bundesarbeitsgericht hatte nunmehr einen Fall zu entscheiden (BAG, Urt. v. 26.3.2015 – 2 AZR 483/14), in welchem in Streit stand, ob der gekündigten Altenpflegerin die Kündigung bereits in einem persönlichen Gespräch übergeben worden war oder in diesem Gespräch zumindest neben der Gekündigten so niedergelegt worden war, dass diese ohne weiteres zugreifen konnte. Das BAG stellte klar, dass im letzteren Fall eine Zugangsvereitelung vorliegen könnte, weil die Altenpflegerin des Kündigungsschreiben ohne weiteres hätte an sich nehmen können, jedoch unvermittelt das Gespräch verlies. Diese Umstände muss nun die Vorinstanz aufklären. Würde dort eine Zugangsvereitelung im Personalgespräch angenommen werden, wäre die Kündigungsschutzklage, gegen das erst zwei Tage später im Briefkasten gelandete Kündigungsschreiben, verspätet.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Urlaubsanspruch und Elternzeit (BAG, Urt. v. 19.05.2015 – 9 AZR 725/13)

By Arbeitsrecht

Wenn während eines Arbeitsverhältnisses das freudige Ereignis „Nachwuchs“ eintritt, entscheidet sich häufig auch mindestens ein Elternteil dafür, längere Zeit mit dem Kind zu verbringen. Der Anspruch auf diese sogenannte Elternzeit ergibt sich aus dem Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG). Dabei kann es durchaus vorkommen, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit der Rückkehr des Arbeitnehmers aus der Elternzeit beendet. In diesem Zusammenhang sind dann auch entstandene Urlaubsansprüche abzurechnen und auszuzahlen. Das BEEG sieht in § 17 vor, dass der Arbeitgeber bei Vollzeitbeschäftigten den Erholungsurlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein zwölftel kürzen darf.

In einem kürzlich entschiedenen Fall war einer Arbeitnehmerin, die als Ergotherapeutin in einem Seniorenheim gearbeitet hatte, nach ihrer Rückkehr aus der Elternzeit gekündigt worden. Der Arbeitgeber rechnete dann die Urlaubsansprüche mit der Zwölftel-Regelung ab. Die Arbeitnehmerin war damit nicht einverstanden und klagte eine restliche Urlaubsabgeltung in Höhe von 3.822,00 Euro ein. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht beurteilten den Fall unterschiedlich.

Das Bundesarbeitsgericht entschied nun (BAG, Urt. v. 19.05.2015 – 9 AZR 725/13) abschließend, dass die begehrte Urlaubsabgeltung der Klägerin zustehe. Die Erfurter Richter begründeten dies damit, dass die Kürzung nur dann möglich sei, wenn tatsächlich noch die Möglichkeit bestehe, einen Urlaub zu nehmen. Wenn das Arbeitsverhältnis bereits beendet sei, könne keine Kürzung mehr vorgenommen werden. Die Auszahlung für nicht genommenen Urlaub sei etwas anderes als die Möglichkeit, tatsächlich noch Urlaub nehmen zu können. Dieser Auszahlungsanspruch ist Teil des Vermögens des Arbeitnehmers und stehe diesem uneingeschränkt zu.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Krankheitsbedingte Kündigung (BAG, Urt. v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13)

By Arbeitsrecht

Sofern jemand unter das Kündigungsschutzgesetz fällt, muss der Arbeitgeber in einem möglichen Rechtsstreit angeben, aus welchem Grund er die Kündigung ausgesprochen hat. Kündigungsgründe können betrieblich bedingt, verhaltensbedingt oder personenbedingt sein. Abhängig vom Kündigungsgrund ist der Arbeitgeber gehalten, zunächst alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine Kündigung zu vermeiden; die Kündigung soll das allerletzte Mittel sein. Für den Arbeitgeber bedeutet dies ein erhebliches Risiko, einen Prozess zu verlieren, weil eine Kündigung vorschnell ausgesprochen worden ist.

In einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urt. v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13) hatte das höchste deutsche Arbeitsgericht darüber zu entscheiden, ob eine Kündigung wegen häufiger Erkrankungen – also eine personenbedingte Kündigung – unwirksam ist, weil der Arbeitgeber vor dem Ausspruch der Kündigung nicht ausreichend versucht hatte, den Arbeitnehmer auf einem „leidensgerechten Arbeitsplatz“ weiter zu beschäftigen. Dieses sogenannte betriebliche Eingliederungsmanagement (bEM) nach § 84 Abs.2 SGB IX soll durch eine leidensgerechte Anpassung der Arbeitsbedingungen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses vermeiden. Das BAG stellte zwar klar, dass das bEM keine formelle Kündigungsvoraussetzung sei, es jedoch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen sei. Die Abwägung könne bei einem unterlassenen bEM dazu führen, dass eine Anpassung der Arbeitsbedingungen das zur Beendigung mildere Mittel gewesen wäre. Gleichzeitig stellte das Gericht klar, dass dann, wenn der Arbeitgeber meint, das bEM wäre nutzlos gewesen, er nicht nur dieses nachweisen müsse, sondern auch erklären müsste, warum künftige Fehlzeiten nicht mithilfe von Rehabilitationsträgern zukünftig hätten vermieden werden können.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Fragerecht des Arbeitgebers (BAG, Urt.v. 20.3.2014 – 2 AZR 1071/12)

By Arbeitsrecht

Der Weg von der Bewerbung auf eine ausgeschriebene Stelle bis hin zum Arbeitsantritt ist häufig nicht ganz unbeschwerlich. Vor dem ersten Arbeitstag erwarten einen potentiellen Arbeitnehmer oft sog enannte Assessment–Center, Probearbeiten und Bewerbungsgespräche. Es kann dann passieren, dass der Arbeitgeber über das Ziel hinausschießt und neben den Fragen nach beruflichen und fachlichen Fähigkeiten eigentlich unzulässige Fragen stellt. So sind etwa Fragen nach dem Gesundheitszustand, dem bisherigen Gehalt und einer Gewerkschaftszugehörigkeit nur sehr eingeschränkt zulässig, Fragen nach der Religions- oder Parteizugehörigkeit oder einer Schwangerschaft generell unzulässig. Relevant werden kann auch die Frage nach Vorstrafen oder laufenden Ermittlungen. Soweit dies die Interessen des Arbeitgebers berührt, ist eine solche Frage zulässig. Problematisch wird es dann, wenn die Vorstrafe eigentlich „gelöscht“ ist.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte im Jahr 2014 darüber zu befinden, ob eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses darauf gestützt werden kann, dass der Bewerber im Bundeszentralregister (BZR) bereits getilgte Vorstrafen nicht angegeben hat (BAG, Urt. v. 20.3.2014 – 2 AZR 1071/12). Der Stellenbewerber und Kläger hatte sich um eine Stelle im Justizvollzugsdienst beworben. Auf die Frage nach Vorstrafen und laufenden Ermittlungen verschwieg der Kläger seine bereits getilgte Vorstrafe; als Jugendlicher verurteilt wegen Körperverletzung und Betruges. Das Führungszeugnis des Bewerbers enthielt auch aufgrund der aus dem BZR getilgten Verurteilung keinen Eintrag über Vorstrafen. Als das beklagte Land im Rahmen einer Sicherheitsüberprüfung Kenntnis von den ehemaligen Eintragung erhielt, kündigte es das Arbeitsverhältnis und focht dieses auch wegen arglistiger Täuschung an. Zu Unrecht entschied das BAG. Der vom Strafmakel befreite Kläger musste nicht von sich aus bereits getilgte Vorstrafen angeben. Hierfür bestand auch gar kein Interesse des Arbeitgebers, da getilgte Verurteilungen keine Aussage über die aktuelle Bewertung und Eignung des Bewerbers enthalten.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael