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Arbeitsrecht – Betriebsausflug und Weihnachtsmarkt (BAG, Urt.v. 4.12.1970 – 5 AZR 242/70)

By Arbeitsrecht

Gemeinsame Veranstaltungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, auch unter Betriebsausflug bekannt, können zu einer Verbesserung des Arbeitsklimas führen und den Teamgeist stärken. Ein solcher Betriebsausflug findet in der Vorweihnachtszeit nicht selten auf dem Weihnachtsmarkt statt. Was sollte man beachten?

Wenngleich viele Arbeitnehmer an einer solchen Veranstaltung vermutlich gern teilnehmen, gibt es grundsätzlich keine Verpflichtung, an einer solchen Veranstaltung mitzumachen. Auf der anderen Seite darf aber auch niemand von der Teilnahme ausgeschlossen werden. Allerdings muss dann, wenn der Betriebsausflug während der regulären Arbeitszeit stattfindet und man hierauf keine Lust hat, auch gearbeitet werden. Zulässig wäre es auch nicht, wenn der Chef beispielsweise Druck ausübt, um die Belegschaft zum Betriebsausflug zu bewegen und ankündigt, er werde den Tag des Betriebsausflugs auf den Erholungsurlaub anrechnen (BAG, Urt.v. 4.12.1970 – 5 AZR 242/70).

Ist man nun auf dem Weihnachtsmarkt gemütlich beieinander, sollte trotzdem klar sein, dass dies keinen Freibrief bedeutet. Auch wenn die Stimmung gelöst ist, berechtigt dies nicht dazu, alles was man schon immer mal tun oder sagen wollte, auch tatsächlich umzusetzen. Kommt man der Kollegin oder dem Kollegen ungebeten näher oder überschreitet bei der Kritik am Chef die zulässigen Grenzen, kann dies auch zu einer Abmahnung führen.

Obwohl der Arbeitgeber den Betriebsausflug zumeist organisiert, hat er doch nur eingeschränkte Überwachungspflichten für die Veranstaltung selbst. Problematisch wird es dann, wenn infolge Alkohol etwas passiert und die Unfallversicherung eine Regulierung ablehnt. Wie so oft gilt also auch hierbei: besser Maß halten.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Gleichbehandlung bei Arbeitspflicht an Weihnachten und Silvester (BAG, Urt. v. 26.05.1993 – 5 AZR 184/92)

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Weihnachten und Silvester stehen vor der Tür. Damit beschäftigt die Frage, ob für diese Tage Urlaub zu nehmen ist, auch in diesem Jahr wieder die Betriebe. Grundsätzlich kann man festhalten, dass der 24. und 31. Dezember keine Feiertage sind und somit regulär gearbeitet werden muss. Gesetzliche Feiertage hingegen sind der 25. Und 26. Dezember sowie der 1. Januar und damit gemäß § 9 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) arbeitsfrei, sofern nicht eine Ausnahme nach § 10 ArbZG, zum Beispiel für Rettungsdienste oder Krankenhäuser vorliegt.

Besondere Vereinbarungen zur Arbeitspflicht an Weihnachten und Silvester können auch Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen sowie Einzelregelungen in den Arbeitsverträgen vorsehen. Darüber hinaus kann auch eine mehrjährige Praxis im Betrieb, sogenannte betriebliche Übung, dazu führen, dass eine Arbeitspflicht entfällt. Gibt der Chef also an diesen Tagen bezahlt frei, kann er nicht irgendwann ohne Grund von dieser Praxis abweichen.

Zu beachten ist auch der allgemeine Gleichheitsgrundsatz. Danach müssen sich die Arbeitnehmer, die im Betrieb „die Stellung halten“ auch in den Jahren abwechseln. Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz führt allerdings nicht so weit, dass etwa eine Teilzeitkraft, die bis 12:00 Uhr arbeitet an diesen Tagen auch frei bekommt, weil die Vollzeitbeschäftigten Mitarbeiter nur einen halben Tag arbeiten müssen und damit ab 12:00 Uhr Feierabend haben (BAG, Urt. v. 26.05.1993 – 5 AZR 184/92).

Wer also den 24. oder 31.Dezember im Kreis der Familie verbringen will, muss bei seinem Arbeitgeber Urlaub beantragen. Wenngleich das Bundesurlaubsgesetz keine halben Urlaubstage kennt, zeigen sich zu dieser Zeit die meisten Arbeitgeber kulant und ziehen für beide Arbeitstage nur einen Urlaubstag ab.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Gleichbehandlung im Sozialplan (BAG, Urt. v. 17.11.2015 – 1 AZR 938/13)

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Betriebliche Entscheidungen und die Ausrichtung eines Unternehmens unterliegen nicht selten einem Wandel. Führt dies dazu, dass betriebliche Anpassungen zugleich eine Betriebsänderung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) darstellen, ist ein so genannter Interessenausgleich durchzuführen bzw. Sozialplan zu erstellen, §§ 111, 112 BetrVG. Ein Sozialplan kommt zustande, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat einigen; anderenfalls entscheiden der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit oder die Einigungsstelle am Arbeitsgericht.

Der Sozialplan soll nach dem Gesetz dem Ausgleich bzw. der Milderung der wirtschaftlichen Nachteile dienen, die einem Arbeitnehmer infolge einer Betriebsänderung entstehen. Der Sozialplan soll dabei sowohl einen Verlust eines Arbeitsplatzes kompensieren, als auch eine Hilfe dafür sein, die Zeit bis zu einem neuen Beschäftigungsverhältnis zu überbrücken. Diese Argumentation des Bundesarbeitsgerichts führt allerdings dazu, dass in Sozialplänen auch Sonderregelungen für Arbeitnehmer, die schnell ein neues Beschäftigungsfeld befinden oder kurz vor Erreichen des Rentenalters stehen, getroffen werden können.

In einer aktuellen Entscheidung hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urt. v. 17.11.2015 – 1 AZR 938/13) die Frage zu entscheiden, ob bei einer Abfindungsberechnung in einem Sozialplan für schwerbehinderte Arbeitnehmer eine andere Bemessung zulässig ist, als für alle anderen Arbeitnehmer. In der Sozialplanregelung sollten Mitarbeiter, die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Schwerbehinderung eine Rente beanspruchen können, knapp 30.000 € Abfindung weniger erhalten. Trotz des Differenzierungsmerkmals der Rentennähe, sah das BAG eine unmittelbar an das Merkmal der Schwerbehinderung knüpfende Ungleichbehandlung und bestätigte die Vorinstanzen, die dem klagenden Arbeitnehmer den Differenzbetrag aus dem Sozialplan zugesprochen hatten.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Veröffentlichung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber (BAG, Urt. v. 11.12.2014 – 8 AZR 1010/13)

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Immer mehr Unternehmen setzen bei der Werbung um Kunden auf die „Macht des Bildes“ und präsentieren sich oder Arbeitsergebnisse in Form von Bildern oder Videos. Häufig sind dabei die Arbeitnehmer dabei zu sehen, wie sie ihrer Tätigkeit nachgehen. Zu Streitigkeiten über die Befugnis des Arbeitgebers, dieses Bildmaterial zu verwenden, kommt es dann häufig nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses.

Grundsätzlich ist es so, dass gemäß §§ 22, 23 Kunsturhebergesetz (KUG) derjenige, dessen Bild veröffentlicht werden soll, hierzu seine Einwilligung geben muss. Dies jedenfalls dann, wenn die abgebildete Person erkennbar und individualisierte ist und es sich nicht um so genannte Bildnisse einer Person der Zeitgeschichte handelt.

Mit seiner Entscheidung vom 11.12.2014 (BAG, Urt. v. 11.12.2014 – 8 AZR 1010/13) hat das Bundesarbeitsgericht die Rechtsprechung zu diesem abgestuften Schutzkonzept im Bereich des Arbeitsverhältnisses angewendet. Geklagt hatte ein Arbeitnehmer nach dem Ende seines Arbeitsverhältnisses. Dieser hatte zunächst während seines Arbeitsverhältnisses schriftlich seine Einwilligung in Filmaufnahmen von ihm als Teil der Belegschaft erklärt und kurz nach dem Ende seines Arbeitsverhältnisses diese Einwilligung widerrufen. Anschließend begehrte er Unterlassung und Schmerzensgeld für die Verwendung des Videos nach seinem Widerruf.

Das Bundesarbeitsgericht wies die Klage des Arbeitnehmers ab. Da er eine schriftliche Einwilligung gegeben hatte, der Anlass für die Einwilligung auch ausreichend erkennbar war und auch sonst keine Willensmängel vorlagen, sah das Gericht den Arbeitgeber weiterhin als berechtigt an, das Video für sich zu verwenden. Den vom Arbeitnehmer erklärten Widerruf sah das Gericht als unwirksam an. Da in dem Video nur eine allgemeine Darstellung des Unternehmens erfolgte und die Person des klagenden Arbeitnehmers nicht hervorgehoben war, konnte er von seiner einmal erteilten Einwilligung nicht ohne eine plausible Erklärung wieder abrücken. Unterlassungs- und Schmerzensgeldantrag wegen einer Persönlichkeitsverletzung konnten daher keinen Erfolg haben.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Auslegung des Arbeitsvertrages (BAG, Urt. v. 25.3.2015 – 5 AZR 602/13)

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Bei einem Arbeitsverhältnis wird regelmäßig vieles schriftlich geregelt; manchmal verständigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer aber auch nur mündlich, was oftmals mit späteren Beweisproblemen verbunden ist. Aber auch dann wenn man etwas schriftlich und damit vermeintlich für alle klar geregelt hat, können sich Fragen zur Auslegung der verwendeten Begrifflichkeiten stellen.

In einer jüngst ergangenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urt. v. 25.3.2015 – 5 AZR 602/13) hatte sich das höchste deutsche Arbeitsgericht damit auseinanderzusetzen, was wohl mit dem Begriff „Vollzeit“ gemeint sei, wenn der klagende Arbeitnehmer als Busfahrer beschäftigt wird. Der Kläger forderte die Vergütung von Überstunden ein.

Das Gericht hat „in Vollzeit“ so interpretiert, dass der durchschnittliche Arbeitnehmer die Regelung so verstehen dürfe, dass die regelmäßige Dauer der Arbeitszeit bei einer Fünf-Tage-Woche und 8 Stunden täglicher Arbeit 40 Wochenstunden nicht übersteige. Im Anschluss legte das Gericht den Arbeitsvertrag weiter so aus, dass trotz fehlender Regelung zu Überstunden, deren Vergütung stillschweigend vereinbart war, da deren Leistung auch nur gegen eine Vergütung vom Arbeitgeber erwartet werden könne.

Für den klagenden Arbeitnehmer schwierig war es dann noch, alle von ihm geleisteten Überstunden ausreichend begründen und beweisen zu können. Insoweit hatten die vorher befassten Gerichte von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, einen Schaden schätzen zu können, wenn die vom Kläger mitgeteilten Tatsachen hierzu ausreichend plausibel erscheinen. Das BAG hatte hieran letztlich nichts auszusetzen, so dass dem Kläger noch EUR 1.103,76 brutto nebst Zinsen für seine geleisteten Überstunden zu vergüten waren.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Kündigung und Maßregelungsverbot (ArbG Berlin, Urt. v. 17.04.2015 – 28 Ca 2405/15)

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Recht haben und Recht bekommen sind bekanntermaßen zwei Paar Schuhe. Etwas abgewandelt, könnte man auch fragen, inwieweit man in einem gegenseitigen Vertragsverhältnis, was ja das Arbeitsverhältnis ist, auf der Einhaltung aller Punkte besteht. Grundsätzlich beruht das gedeihliche Arbeitsverhältnis darauf, dass jede Partei von sich aus den Vertrag einhält. Passiert dies nicht und kommt es zu Konflikten, soll aber jedenfalls der Arbeitnehmer gemäß § 612a BGB davor geschützt sein, gemaßregelt zu werden, weil er in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.

Hauptanwendungsfall des § 612a BGB ist die Kündigung. Die Rechtsprechung hat beispielsweise entschieden, dass eine zulässige Rechtsausübung (und damit unwirksame Kündigung) vorliegt, wenn beispielsweise die Kündigung erfolgt, weil ein schriftlicher Arbeitsvertrag verlangt wird, die Entfernung einer Abmahnung im Streit steht, nicht in die Änderung von Arbeitsbedingungen eingewilligt wird oder etwa als unmittelbare Reaktion auf eine Krankmeldung.

Kürzlich hatte das Arbeitsgericht Berlin darüber zu entscheiden (ArbG Berlin, Urt. v. 17.04.2015 – 28 Ca 2405/15), ob eine Kündigung deswegen rechtmäßig sein kann, weil der klagende Arbeitnehmer die Zahlung von Mindestlohn forderte. Der Arbeitgeber wollte die Arbeitsbedingungen durch eine Reduzierung der Arbeitsstunden dem Mindestlohn anpassen. Auf die Ablehnung der neuen Arbeitsbedingungen durch den Arbeitnehmer folgte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Das Arbeitsgericht sah hierin eine unmittelbare Reaktion auf die Geltendmachung des gesetzlichen Mindestlohns und damit die Kündigung als unwirksam an

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Gleichbehandlung und Scheinbewerbung (BAG, Beschl. v. 18.06.2015 – 8 AZR 848/13)

By Arbeitsrecht

Im Jahr 2006 trat in Deutschland das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Kraft. Damit setzte der deutsche Gesetzgeber mehrere europäische Richtlinien um, die gemäß § 1 AGG eine Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern oder beseitigen sollen. Da das AGG für den Fall eines Verstoßes auch eine Entschädigung vorsieht, war dieses Gesetz in der Vergangenheit auch Grundlage dafür, sich auf Stellenausschreibungen zu bewerben und im Falle der Ablehnung Entschädigungsansprüche wegen einer angeblichen Diskriminierung geltend zu machen.

In einem aktuellen Verfahren hat der 8. Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) darüber zu entscheiden, ob auch bei einer mutmaßlichen Scheinbewerbung ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Diskriminierung nach dem AGG besteht. Der Kläger hatte sich auf eine Stelle in einem „Trainee-Programm 2009“ der Beklagten beworben und in der Bewerbung seine besonderen Kenntnisse und Führungserfahrung betont. Nachdem seine Bewerbung abgelehnt worden war, forderte der Kläger eine Entschädigung in Höhe von 14.000 €. Obwohl er dann doch noch zum Gespräch mit dem Personalleiter eingeladen wurde, lehnte er dieses ab und schlug vor, nach der Erfüllung seines Entschädigungsanspruchs sehr rasch über seine Zukunft bei der Beklagten sprechen zu wollen.

Aufgrund der Bewerbungsformulierung und des Verhaltens des Klägers geht es BAG davon aus, dass sich der Kläger nicht mit dem Ziel einer Einstellung beworben hatte und damit folglich nicht als Bewerber im Sinne des AGG angesehen werden kann. Da aber die Richtlinien, auf denen das AGG beruht, in der Formulierung nicht zwingend auf den Begriff Bewerber abstellen, hat das BAG dem europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob auch derjenige vom Schutzbereich des Gesetzes erfasst ist, der sich nur deshalb bewirbt, um Entschädigungsansprüche geltend machen zu können.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Mobbing und Verjährung (BAG, Urt. v. 11.12.2014 – 8 AZR 838/13)

By Arbeitsrecht

Zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber oder auch unter Arbeitnehmern können sich im Laufe der Zusammenarbeit Differenzen ergeben, die zu erheblichen Spannungen führen. Wenn diese Spannungen zu einer nachhaltigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts führen, kann ein Zustand erreicht werden, der gemeinhin als „Mobbing“ bezeichnet wird. Kann der Arbeitnehmer die Umstände dieser Persönlichkeitsrechtsverletzung ausreichend nachweisen, kann ein Schmerzensgeldanspruch bestehen.

Bei der Überlegung, diesen Anspruch geltend zu machen, sollte sich der betroffene Arbeitnehmer nicht allzu viel Zeit lassen. Grundsätzlich gilt hier die allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB. Allerdings hält das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Anwendbarkeit wesentlich kürzerer Ausschlussfristen auch für Schadensersatz-und Schmerzensgeldforderungen unter bestimmten Voraussetzungen für möglich. Daneben gibt es noch die sogenannte Verwirkung, die unter engen Voraussetzungen eine fehlende Durchsetzbarkeit des Anspruchs schon vor dem Ende der Verjährungsfrist zur Folge hat.

Das höchste deutsche Arbeitsgericht hatte unlängst entschieden, dass es aber nicht allein deshalb zu einer Verwirkung komme, wenn der Kläger, der Ansprüche wegen Mobbing geltend macht, nahezu zwei Jahre zuwartet, bis er Klage erhebt (BAG, Urteil vom 11.12.2014 – 8 AZR 838/13). Alleine das Zeitmoment war nicht ausreichend, bei dem Beklagten schon vor dem Ende der Verjährung eine ausreichende Erwartung hervorzurufen, dass der Kläger keine Ansprüche mehr geltend machen werde. Nun muss das Landesarbeitsgericht feststellen, ob die Mobbingvorwürfe begründet sind.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Schmerzensgeld unter Arbeitnehmern (BAG, Urt. v. 19.03.2015 – 8 AZR 67/14)

By Arbeitsrecht

Wenn Arbeitnehmer in einem Unternehmen tätig sind, kann es durchaus passieren, dass es auch bei Einhaltung aller Sorgfalt zu einem Unfall kommt. Für diesen Fall hat der Arbeitgeber bei der gesetzlichen Unfallversicherung, also der Berufsgenossenschaft, Beiträge eingezahlt. Diese kommt dann für den Schaden auf. Deshalb sehen die gesetzlichen Vorschriften auch grundsätzlich vor, dass gegen den Arbeitgeber Schadenersatzansprüche nur sehr eingeschränkt möglich sind. Gleiches gilt für den Fall, dass Arbeitnehmern untereinander Ansprüche geltend machen wollen. Voraussetzung für die gesetzliche Haftungsbeschränkung ist allerdings, dass es sich um eine betriebliche Tätigkeit handelt, §§ 104 – 106 SGB VII.

Das Bundesarbeitsgericht hatte nunmehr über einen Fall zu entscheiden, in dem ein 19-jähriger Auszubildender, der in einer Kfz-Werkstatt lernte, ohne Vorwarnung ein ungefähr 10 g schweres Wuchtgewicht hinter sich warf und damit den damals 17-jährigen Kläger am Auge traf. Trotz mehrerer Untersuchungen und Operationen blieben bei dem Kläger dauerhafte Einschränkungen bestehen. Die Berufsgenossenschaft gewährt dem Kläger eine monatliche Rente von EUR 204,40.

Der Kläger machte darüber hinaus gegen den Beklagten ein Schmerzensgeld geltend, welches in den Vorinstanzen zunächst mit EUR 10.000,00 und sodann mit EUR 25.000,00 als angemessen angesehen wurde. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte das zuletzt zugesprochene Schmerzensgeld. Es sah auch keinen Haftungsausschluss, da es die Handlung des Beklagten nicht als „betriebliche Tätigkeit“ einstufte. Der Argumentation des Beklagten, er habe das Wuchtgewicht in den dafür bereitstehenden Sammelbehälter werfen wollen, wurde wegen des weiten Abstands zum Behälter nicht gefolgt. Letztlich half dem Beklagten auch nicht, dass er sich erst in der Ausbildung befand. Die Haftung bestehe ohne Rücksicht auf das Alter (BAG, Urt. v. 19.03.2015 – 8 AZR 67/14).

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Kündigung und Altersdiskriminierung im Kleinbetrieb (BAG, Urt. v. 23.07.2015 – 6 AZR 457/14)

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In Zeiten wirtschaftlichen Wandels sind häufig auch kleinere Unternehmen gezwungen, innerbetriebliche Abläufe neu zu organisieren. Im Rahmen solcher Umstrukturierungen wird nicht selten auch die Entscheidung getroffen, Personal zu reduzieren. Sofern der Arbeitgeber weniger als die vom Kündigungsschutzgesetz geforderten Arbeitnehmer beschäftigt, muss er für die Kündigung grundsätzlich nur die Kündigungsfrist einhalten und darf die Kündigung nicht auf sittenwidrige oder diskriminierende Erwägungen stützen. Eine Kündigung muss auch nicht begründet werden und kann auch während des Urlaubs oder der Zeit einer Krankschreibung wirksam dem zu Kündigenden zugestellt werden.

In einem am 23.07.2015 vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall (BAG, Urt. v. 23.07.2015 – 6 AZR 457/14) hatte der beklagte Arbeitgeber im Rahmen einer Umstrukturierung einer am 20.1.1950 geborenen Arzthelferin ordentlich gekündigt. In seinem Kündigungsschreiben hatte der Beklagte die Kündigung damit begründet, dass aufgrund von Umstrukturierungen Personal abgebaut werden müsse und auch angeführt, dass die Klägerin „inzwischen pensionsberechtigt“ sei. Hiergegen wendete sich die Klägerin. Die Vorinstanzen wiesen die Klage jeweils ab. Vor dem BAG hatte die Klage Erfolg.

Das BAG sah in der Erwähnung der Pensionsberechtigung eine zu vermutende Altersdiskriminierung nach § 7 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Diese Vermutung könne der Arbeitgeber widerlegen. Obwohl in dem Verfahren der Arbeitgeber ausführlich seine Personalentscheidung begründete, sah das BAG dies nicht als ausreichenden Beweis dafür, dass die Kündigung nach dem Vortrag des Beklagten lediglich „freundlich und verbindlich“ formuliert worden sei und ansonsten nur sachliche Erwägungen stattgefunden hätten. Damit war die Kündigung auch im Kleinbetrieb des Beklagten unwirksam.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael