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Abfindung

Höhere Abfindung – kommt drauf an (LAG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 27.06.2019 – 2 Sa 308/16)

By Arbeitsrecht

Wird das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet, gibt es keinen automatischen Anspruch auf eine Abfindung. Ein solcher Anspruch müsste im Arbeitsvertrag, Sozialplan oder Tarifvertrag geregelt sein. Kündigt der Arbeitgeber betriebsbedingt, besteht für ihn gemäß § 1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG) jedoch die Möglichkeit, im Kündigungsschreiben anzubieten, eine Abfindung in Höhe eines halben Bruttomonatsgehalts pro Beschäftigungsjahr anzubieten, wenn dafür der Gekündigte auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet.

In einer aktuellen Entscheidung hatte das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt darüber zu entscheiden, wie viel Abfindung beansprucht werden kann, wenn der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben weniger anbietet, als in § 1 a KSchG vorgesehen (LAG LSA, Urt. v. 27.06.2019 – 2 Sa 308/16). In dem Kündigungsschreiben hieß es „Legen Sie keine Kündigungsschutzklage ein, so haben Sie nach Ablauf der Klagefrist Anspruch auf eine Abfindung in Höhe von 10.000 € brutto…“. Nach der Regelung des § 1a KSchG hätten eigentlich 15.170,62 € angeboten werden müssen. Die Klägerin verlangte die Differenz von 5.170,62 €.

Das LAG wies die Klage ab. Die gesetzliche Regelung in § 1a KSchG schließe nicht aus, dass auch ein geringerer Betrag für einen Kündigungsverzicht angeboten werden könne. Insoweit gelte die Vertragsfreiheit, nach der man auch einen Kündigungsverzicht für weniger als die gesetzliche Regelung vereinbaren könne. Wird § 1a KSchG in der Kündigung nicht zitiert, gilt der genannte Betrag: hier 10.000 €.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Die Entscheidung im Volltext findet sich hier

Arbeitsrecht – Gleichbehandlung im Sozialplan (BAG, Urt. v. 17.11.2015 – 1 AZR 938/13)

By Arbeitsrecht

Betriebliche Entscheidungen und die Ausrichtung eines Unternehmens unterliegen nicht selten einem Wandel. Führt dies dazu, dass betriebliche Anpassungen zugleich eine Betriebsänderung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) darstellen, ist ein so genannter Interessenausgleich durchzuführen bzw. Sozialplan zu erstellen, §§ 111, 112 BetrVG. Ein Sozialplan kommt zustande, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat einigen; anderenfalls entscheiden der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit oder die Einigungsstelle am Arbeitsgericht.

Der Sozialplan soll nach dem Gesetz dem Ausgleich bzw. der Milderung der wirtschaftlichen Nachteile dienen, die einem Arbeitnehmer infolge einer Betriebsänderung entstehen. Der Sozialplan soll dabei sowohl einen Verlust eines Arbeitsplatzes kompensieren, als auch eine Hilfe dafür sein, die Zeit bis zu einem neuen Beschäftigungsverhältnis zu überbrücken. Diese Argumentation des Bundesarbeitsgerichts führt allerdings dazu, dass in Sozialplänen auch Sonderregelungen für Arbeitnehmer, die schnell ein neues Beschäftigungsfeld befinden oder kurz vor Erreichen des Rentenalters stehen, getroffen werden können.

In einer aktuellen Entscheidung hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urt. v. 17.11.2015 – 1 AZR 938/13) die Frage zu entscheiden, ob bei einer Abfindungsberechnung in einem Sozialplan für schwerbehinderte Arbeitnehmer eine andere Bemessung zulässig ist, als für alle anderen Arbeitnehmer. In der Sozialplanregelung sollten Mitarbeiter, die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Schwerbehinderung eine Rente beanspruchen können, knapp 30.000 € Abfindung weniger erhalten. Trotz des Differenzierungsmerkmals der Rentennähe, sah das BAG eine unmittelbar an das Merkmal der Schwerbehinderung knüpfende Ungleichbehandlung und bestätigte die Vorinstanzen, die dem klagenden Arbeitnehmer den Differenzbetrag aus dem Sozialplan zugesprochen hatten.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Verspätete Abfindung

By Ratgeber Arbeitsrecht

Ich wurde vor zehn Jahren betriebsbedingt entlassen und bin nun Rentner. Ich habe 30 Jahre in der Firma gearbeitet. Mir wurde nicht gesagt, dass ich eine Abfindung haben könnte. Kann ich diese heute erhalten?

Nein, ich sehe nicht die Möglichkeit, dass Sie eine Abfindung nach Jahren geltend machen können. So ist es für den Gerichtsweg zwischenzeitlich zu spät. Regelmäßig werden Abfindungen im Rahmen einer Kündigungsschutzklage, die gegen eine betriebsbedingte Entlassung geführt wird, eingeklagt. Damit der Gerichtsweg eröffnet ist, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein. Eine zwingende Voraussetzung ist das Einhalten der Klagefrist. Nach dem Kündigungsschutzgesetz hat der Arbeitnehmer drei Wochen Zeit nach Erhalt seiner Kündigung das Arbeitsgericht anzurufen. Mit Ablauf der Frist ist für eine Vielzahl von Fällen der Weg der Klage versperrt. Zwar lässt das Kündigungsschutzgesetz verspätete Klagen zu. Dies jedoch nur unter sehr engen Bedingungen. So muss der Arbeitnehmer ohne eigenes Verschulden daran gehindert gewesen sein, die drei Wochen-Frist einzuhalten. Nicht hierzu zählen solche Sachverhalte, in denen der Arbeitnehmer von der Möglichkeit einer Kündigungsschutzklage nichts wusste. Auch ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer auf die Kündigungsschutzklage hinzuweisen.

Anders sieht es aus, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer arglistig getäuscht hat und ihn dadurch abgehalten hat, die Klage einzureichen. Nun kann der Arbeitnehmer einen Antrag vor dem Arbeitsgericht stellen, die Klage nachträglich zuzulassen. Jedoch sind diesbezüglich vor allem zwei Dinge zu beachten. Der Arbeitnehmer ist wiederum an eine Frist gebunden. Sobald er z.B. von der arglistigen Täuschung des Arbeitgebers erfährt, muss er innerhalb von zwei Wochen den Antrag stellen. Zudem trägt er bezüglich der arglistigen Täuschung bzw. anderer Hindernisse die volle Beweislast. Da somit der gerichtliche Weg ausgeschlossen ist, bleibt allein der Weg zum ehemaligen Arbeitgeber, der sich aufgrund der Rechtslage kaum auf die verspätete Forderung einlassen wird.

Autorin: Rechtsanwältin Christel Hahne