Gibt der Mieter die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurück, so kann der Vermieter nach § 546a BGB für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung die vereinbarte Miete oder die ortsübliche Miete verlangen. Höchstrichterlich war bisher nicht entschieden, was genau „ortsübliche Miete“ bedeutet. In der Instanzenrechtsprechung und der Literatur konnte sich zu dieser Rechtsfrage keine herrschende Meinung herausbilden.
Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 18.1.2017 – VIII ZR 17/16) hat nun entschieden, dass der Vermieter wegen der Vorenthaltung der Mietsache als Nutzungsentschädigung über die vereinbarte Miete hinausgehend auch die für vergleichbare Objekte ortsübliche Miete verlangen könne. Dabei bestimme sich die ortsübliche Miete anhand der bei einem Neuabschluss eines Mietvertrages ortsüblichen Miete (sog. Marktmiete). Nicht einschlägig sei hingegen die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 558 BGB, die im Hinblick auf eine etwaige Mieterhöhung zu berücksichtigen ist und bei der ein Bezugszeitraum von vier Jahren maßgeblich ist.
Die ortsübliche Vergleichsmiete, die im Hinblick auf eine etwaige Mieterhöhung zu berücksichtigen ist, könne bereits aufgrund des Gesetzeswortlautes nicht für die Höhe der Nutzungsentschädigung herangezogen werden. § 546a BGB sehe eine Berücksichtigung der in der Gemeinde in den letzten vier Jahren vereinbarten oder geänderten Bestandsmieten gerade nicht vor.
Zudem gelte § 546a BGB für alle Mietverhältnisse, wohingegen § 558 BGB lediglich auf Wohnraummietverhältnisse Anwendung finde, sodass auch die Gesetzessystematik gegen eine Anwendung des § 558 BGB spreche. Des Weiteren erfordere eine Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete eine rechtsgestaltende Willenserklärung des Vermieters, nach deren Zugang sich noch eine Vierteljahresfrist anschließe. Dagegen könne der Vermieter eine Nutzungsentschädigung bereits von Gesetzes wegen und mithin ohne Ankündigung sofort nach Beendigung des Mietverhältnisses verlangen und auch rückwirkend geltend machen.
Letztlich sei auch der Sinn und Zweck der Regelungen § 546a BGB und § 558 BGB jeweils ein anderer. Die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 558 BGB entfalte nach gesetzgeberischer Intention eine Schutzwirkung zugunsten des Mieters, da sie durch die Bemessung des Bezugszeitraums die Dynamik der Mietpreissteigerung in Gemeinden mit steigenden Mietpreisen in dem vom Gesetzgeber als maßgeblich erachteten Umfang abfedere. Hierzu bestehe jedoch bei einem beendeten Mietverhältnis keine Veranlassung. Der Gesetzgeber habe ausdrücklich in der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass zwischen Wirksamwerden der Kündigung und endgültiger Räumung der Wohnung durch den Mieter unter Umständen ein längerer Zeitraum liegen könne, in dem der Vermieter gehindert sei, durch eine Neuvermietung eine höhere ortsübliche Vergleichsmiete zu erzielen. Da der Mieter in der Mietsache verbleibe, obgleich die Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt sei, könne nicht zulasten des Vermieters gehen, denn das Unterlassen der Räumung und Herausgabe der Mietsache liege allein in der Verantwortungssphäre des Mieters.
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist die Nutzungsentschädigung auch dann an der Marktmiete auszurichten, wenn der Vermieter, wie im vorliegenden Fall, eine Eigenkündigung ausspricht, weil er die Wohnung selbst nutzen will. Dass die Wohnung im Ergebnis nicht neuvermietet werden soll, ändere nichts an der rechtlichen Beurteilung, dass die Nutzungsentschädigung anhand der bei einem Neuabschluss eines Mietvertrages ortsüblichen Miete zu bemessen sei.
Autor: Rechtsanwalt Sebastian Hohmann (ehem. Grassel)