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Schadenersatz

Schadensersatz bei fehlender Bonusregelung (BAG, Urt. v. 17.12.2020 – 8 AZR)

By Arbeitsrecht

In einem Arbeitsvertrag  kann neben dem normalen Gehalt festgelegt werden, dass für das Erreichen bestimmter Ziele Bonuszahlungen erfolgen. Legt der Arbeitgeber die Ziele nicht fest, kann ein Anspruch des Arbeitnehmers möglicherweise dennoch bestehen.

Unlängst hatte das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden, was der Arbeitnehmer fordern kann, wenn unklar bleibt, wie eine arbeitsvertraglich vorgesehene Bonuszahlung verdient werden kann (BAG, Urt. v. 17.12.2020 – 8 AZR). Im Formular-Arbeitsvertrag des Klägers war geregelt, dass dieser bis zu 25% seines Jahresgehalts zusätzlich als Bonuszahlung verdienen könne. Voraussetzung und Höhe sollten gesondert geregelt werden. Bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses erfolgte keine weitere Regelung, so dass der Kläger im Anschluss EUR 15.000 für die Nichtfestlegung forderte.

Die Vorinstanzen waren uneins. Das BAG sprach dem Kläger die Bonuszahlung als Schadensersatz zu. Der Arbeitgeber habe es versäumt, die Bonusklausel näher auszugestalten. Dies sei eine schuldhafte Pflichtverletzung und daher die Forderung des Klägers berechtigt. Allerdings müsse sich der Kläger 10% anrechnen lassen, da er selbst nicht das Gespräch gesucht habe.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Kriterien für Mitarbeitergewinnung im öffentlichen Dienst (BAG, Urt .v. 28.01.2020 – 9 AZR 91/19)

By Arbeitsrecht

Möchte ein öffentlicher Arbeitgeber eine Stelle neu besetzen, so kann er hierfür auch ein bestimmtes Auswahlprofil erstellen und die dortigen Kriterien auch gewichten. Allerdings ist er hierbei nicht uneingeschränkt frei. Insbesondere müssen sogenannte „harte“ leistungsbezogene Kriterien höher gewichtet werden als die sogenannten „weichen“ Kriterien, wie das Bundesarbeitsgericht in einem aktuellen Urteil klarstellte (BAG, Urt. v. 28.01.2020 – 9 AZR 91/19).

In der Entscheidung hatte sich ein Jurist auf eine leitende Stelle im Bereich Öffentliche Ordnung und Sicherheit beworben. Im Anforderungsprofil waren neben den Ausbildungsanforderungen und der Berufserfahrung auch solche Kriterien wie selbstständiges Arbeiten, Flexibilität, Stressbewältigung usw. genannt. Das Auswahlschema für die Bewerber beinhaltete 15 verschiedene Kriterien, von denen allerdings keines aus dem Anforderungsprofil der Stellenausschreibung auftauchte.

Der Kläger hatte gegenüber den anderen Bewerbern das Nachsehen und klagte darauf, finanziell so gestellt zu werden, als hätte er die Stelle bekommen. Alle Instanzen wiesen die Klage ab. Das BAG bemängelte zwar das Auswahlverfahren und stellte klar, dass in jedem Falle leistungsbezogene Kriterien den Ausschlag bei der Bewerbung geben müssten. Der Kläger scheiterte hier dennoch, da er nicht aufzeigen konnte, dass er nach seinen Fähigkeiten der bessere Bewerber gewesen wäre.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht- Kein Schadensersatz bei Betrugsmasche (LAG Düsseldorf, Urt. v. 29.08.2017 – 14 Sa 334/17)

By Arbeitsrecht

Verursacht der Arbeitnehmer während der Ausübung seiner arbeitsvertraglichen Tätigkeit einen Schaden, so kann dann, wenn der Schaden grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt wird, der Arbeitnehmer ganz oder anteilig zum Ersatz dieses Schadens verpflichtet sein. Grobe Fahrlässigkeit liegt immer dann vor, wenn in der konkreten Situation die erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße verletzt und das verkannt wurde, was jedem hätte sofort einleuchten müssen.

In einem aktuellen Fall hatte das Landesarbeitsgericht Düsseldorf zu entscheiden, ob eine erst vor einigen Monaten eingearbeitete Kassiererin einer Tankstelle für einen Schaden haftet, der dadurch entsteht, dass sie auf einen professionellen Betrugsversuch hereinfällt (LAG Düsseldorf, Urt. v. 29.08.2017 – 14 Sa 334/17). Obwohl der Mitarbeiterin per Betriebsanweisung bekannt war, dass Telefonkarten nicht am Telefon herauszugeben sind, teilte sie dem Anrufer einer angeblichen Telefongesellschaft sämtliche Codes der 124 Prepaidkarten im Wert von jeweils 30 € mit. Im Zuge einer angeblichen Systemumstellung sei dies notwendig gewesen. Hierdurch entstand ein Schaden in Höhe von 3.720 €.

Die Klage der Versicherung des Arbeitgebers auf Ersatz der 3.720 € wurde abgewiesen. Beachtlich war hierbei zum einen auch, dass nach dem ersten Anruf, ein dort angekündigter zweiter Anrufer sich als Mitarbeiter der beauftragten Firma ausgab. Darüber hinaus kam über das Tankstellensystem bei der Eingabe der Prepaidcodes keine Abfrage – wie sonst eigentlich – ob die Eingabe aufgrund telefonischer Anfrage erfolgte. Die Mitarbeiterin sei durch die besondere Anrufsituation derart unterlegen gewesen, dass sie davon habe ausgehen dürfen, dass alles seine Richtigkeit habe. Daran ändere auch die Dienstanweisung nichts.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Haftung für Fehler im Arbeitsverhältnis (ArbG Magdeburg, Urt. v. 07.12.2016 – 11 Ca 1707/16)

By Arbeitsrecht

Fehler passieren. Auch im Arbeitsverhältnis. Wann und in welchem Umfang allerdings der Arbeitnehmer auch für seine Fehler bei einem Schaden des Arbeitgebers mithaftet, hängt vom jeweiligen Grad des Verschuldens ab. § 619a BGB regelt hierzu, dass der Arbeitnehmer Ersatz für den aus einer Pflichtverletzung resultierenden Schaden nur zu leisten hat, wenn er dies vertreten muss.

Nach der hierzu vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Abstufung ist der Arbeitnehmer bei leichtester Fahrlässigkeit – sozusagen einem Fehler der jedem einmal passieren könne – von der Haftung frei. Anders wiederum bei mittlerer oder grober Fahrlässigkeit und Vorsatz. Im Zusammenhang mit den Gesamtumständen kann bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen eine erhebliche Schadensbeteiligung die Folge sein.

Ende 2016 hatte das Arbeitsgericht Magdeburg darüber zu entscheiden, ob der beklagte Arbeitgeber nach einem Unfall der Arbeitnehmerin mit dem Dienst-Pkw von dessen Lohn zu Recht die Selbstbeteiligung aus der Vollkaskoversicherung abgezogen hatte (ArbG Magdeburg, Urt. v. 07.12.2016 – 11 Ca 1707/16). Die Klägerin war im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit kurzfristig zugeparkt und versuchte, rückwärts aus der Parklücke herauszufahren. Dabei übersahen sie einen Pfeiler und beschädigte den Dienst-Pkw. Das Arbeitsgericht entschied, dass der Arbeitgeber zu Recht die Selbstbeteiligung vom Lohn abgezogen habe. Rückwärtsfahren in dieser Situation ohne vorherige Kontrolle sei grob fahrlässig und daher die Klägerin entsprechend an dem Schaden zu beteiligen.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Benachteiligung bei Wochenarbeitszeit (BAG, Urt. v. 26.1.2017 – 8 AZR 736/15)

By Arbeitsrecht

Wer aus einem der in § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) genannten Gründen, etwa wegen einer Behinderung, benachteiligt wird, kann gemäß § 15 AGG eine Entschädigung verlangen. Wegen der Schwierigkeit, eine solche Benachteiligung zu beweisen, hat der Gesetzgeber in § 22 AGG bestimmt, dass es genügt, dass derjenige, der sich auf die Benachteiligung beruft, Indizien für die Benachteiligung beweist. Können diese Indizien bewiesen werden, trägt die andere Partei die volle Beweislast dafür, dass keine Benachteiligung vorliegt.

In einem aktuellen Fall hatte das Bundesarbeitsgericht darüber zu entscheiden, wann ausreichend Indizien für eine Benachteiligung nach § 22 AGG vorliegen, wenn ein schwerbehinderter Kurierfahrer in Teilzeit nicht mit seinem Wunsch nach einer Erhöhung der Wochenstundenzahl berücksichtigt wird (BAG, Urt. v. 26.1.2017 – 8 AZR 736/15). Bei dem beklagten Arbeitgeber arbeiteten mehrere Kurierfahrer in Teilzeit. Im Jahr 2013 teilte der Arbeitgeber ein höheres Arbeitsvolumen auf die Kurierfahrer auf, berücksichtigte jedoch nicht den Kläger, der bereits mehrfach um eine Erhöhung der Wochenstundenzahl gebeten hatte. Der Kläger begehrte u.a. einen Schadensersatz nach § 15 AGG.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) sprach zumindest Schadensersatz zu. Das BAG hob das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit zur weiteren Aufklärung an das LAG zurück. Das BAG begründete dies damit, dass Indizien vorliegen müssten, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen dass die Schwerbehinderung ursächlich für die Benachteiligung war. Nur die Möglichkeit sei nicht ausreichend.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Mietrecht – Höhe der Nutzungsentschädigung (BGH, Urteil vom 18.1.2017 – VIII ZR 17/16)

By Miet- und Wohneigentumsrecht

Gibt der Mieter die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurück, so kann der Vermieter nach § 546a BGB für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung die vereinbarte Miete oder die ortsübliche Miete verlangen. Höchstrichterlich war bisher nicht entschieden, was genau „ortsübliche Miete“ bedeutet. In der Instanzenrechtsprechung und der Literatur konnte sich zu dieser Rechtsfrage keine herrschende Meinung herausbilden.

Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 18.1.2017 – VIII ZR 17/16) hat nun entschieden, dass der Vermieter wegen der Vorenthaltung der Mietsache als Nutzungsentschädigung über die vereinbarte Miete hinausgehend auch die für vergleichbare Objekte ortsübliche Miete verlangen könne. Dabei bestimme sich die ortsübliche Miete anhand der bei einem Neuabschluss eines Mietvertrages ortsüblichen Miete (sog. Marktmiete). Nicht einschlägig sei hingegen die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 558 BGB, die im Hinblick auf eine etwaige Mieterhöhung zu berücksichtigen ist und bei der ein Bezugszeitraum von vier Jahren maßgeblich ist.

Die ortsübliche Vergleichsmiete, die im Hinblick auf eine etwaige Mieterhöhung zu berücksichtigen ist, könne bereits aufgrund des Gesetzeswortlautes nicht für die Höhe der Nutzungsentschädigung herangezogen werden. § 546a BGB sehe eine Berücksichtigung der in der Gemeinde in den letzten vier Jahren vereinbarten oder geänderten Bestandsmieten gerade nicht vor.

Zudem gelte § 546a BGB für alle Mietverhältnisse, wohingegen § 558 BGB lediglich auf Wohnraummietverhältnisse Anwendung finde, sodass auch die Gesetzessystematik gegen eine Anwendung des § 558 BGB  spreche. Des Weiteren erfordere eine Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete eine rechtsgestaltende Willenserklärung des Vermieters, nach deren Zugang sich noch eine Vierteljahresfrist anschließe. Dagegen könne der Vermieter eine Nutzungsentschädigung bereits von Gesetzes wegen und mithin ohne Ankündigung sofort nach Beendigung des Mietverhältnisses verlangen und auch rückwirkend geltend machen.

Letztlich sei auch der Sinn und Zweck der Regelungen § 546a BGB und § 558 BGB jeweils ein anderer. Die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 558 BGB entfalte nach gesetzgeberischer Intention eine Schutzwirkung zugunsten des Mieters, da sie durch die Bemessung des Bezugszeitraums die Dynamik der Mietpreissteigerung in Gemeinden mit steigenden Mietpreisen in dem vom Gesetzgeber als maßgeblich erachteten Umfang abfedere. Hierzu bestehe jedoch bei einem beendeten Mietverhältnis keine Veranlassung. Der Gesetzgeber habe ausdrücklich in der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass zwischen Wirksamwerden der Kündigung und endgültiger Räumung der Wohnung durch den Mieter unter Umständen ein längerer Zeitraum liegen könne, in dem der Vermieter gehindert sei, durch eine Neuvermietung eine höhere ortsübliche Vergleichsmiete zu erzielen. Da der Mieter in der Mietsache verbleibe, obgleich die Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt sei, könne nicht zulasten des Vermieters gehen, denn das Unterlassen der Räumung und Herausgabe der Mietsache liege allein in der Verantwortungssphäre des Mieters.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist die Nutzungsentschädigung auch dann an der Marktmiete auszurichten, wenn der Vermieter, wie im vorliegenden Fall, eine Eigenkündigung ausspricht, weil er die Wohnung selbst nutzen will. Dass die Wohnung im Ergebnis nicht neuvermietet werden soll, ändere nichts an der rechtlichen Beurteilung, dass die Nutzungsentschädigung anhand der bei einem Neuabschluss eines Mietvertrages ortsüblichen Miete zu bemessen sei.

Autor: Rechtsanwalt Sebastian Hohmann (ehem. Grassel)

Arbeitsrecht – Streik mit Folgen (BAG, Urt. v. 26.07.2016 – 1 AZR 160/14)

By Arbeitsrecht

Der Streik ist das Kampfmittel der Gewerkschaften, um Interessen der tariflich organisierten Arbeitnehmer durchzusetzen, wenn alle anderen Gespräche gescheitert sind. Allerdings gibt es auch für eine solche Maßnahme Spielregeln, deren Verletzung sogar Schadensersatzpflichten auslösen kann. Ein Streik ist beispielsweise in der Zeit unzulässig, in der ein Tarifvertrag gilt, sogenannte Friedenspflicht. Das Bundesarbeitsrecht hat kürzlich entschieden, inwieweit sich die Beklagte Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) schadensersatzpflichtig gemacht hat, als sie im Jahr 2012 den Frankfurter Flughafen bestreikt hat (BAG, Urt. v. 26.07.2016 – 1 AZR 160/14).

Der geltende Tarifvertrag war in Teilen zum Ende 2011 kündbar, was die beklagte Gewerkschaft auch tat. Verschiedene Regelungen des Tarifvertrags waren dagegen erst Ende 2017 kündbar. Nachdem das anschließende Schlichtungsverfahren scheiterte, rief die GdF zum Streik auf, der aber auch zum Ziel hatte, die noch nicht gekündigten Teile des Tarifvertrags zu ändern.

Die Klägerin, die Betreibergesellschaft des Frankfurter Flughafens (Fraport), begehrt Ersatz der durch den Streik entstandenen Schäden, weil es sich um einen insgesamt unzulässigen Streik gehandelt habe. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Argument, die Schäden wären auch entstanden, wenn der Streik sich nur auf die Forderungen ohne Friedenspflicht beschränkt hätte, ließ das BAG allerdings nicht gelten. Denn dies könne man nicht beurteilen, da es sich bei einem zulässigen Streik „…nicht um diesen, sondern um einen anderen Streik gehandelt“ hätte. Das Landesarbeitsgericht muss nunmehr zur Höhe der Schäden Feststellungen treffen.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael