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Gleichbehandlung

Arbeitsrecht – Kündigung wegen Wiederverheiratung (BAG, Beschl. v. 28.07.2016 – 2 AZR 746/14)

By Arbeitsrecht

Das Ausmaß der im Arbeitsrecht geltenden Loyalitätspflichten der Arbeitnehmer hängt nicht zuletzt davon ab, wer der Arbeitgeber ist. Dadurch kann es sogar dazu kommen, dass ein Verhaltenskodex oder Moralvorstellungen bis in das Privatleben hineinreichen. Zu spüren bekam dies in einem aktuellen Verfahren, welches das Bundesarbeitsgericht (BAG) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vorgelegt hat, ein kirchlicher Arbeitnehmer (BAG, Beschl. v. 28.07.2016 – 2 AZR 746/14).

Geklagt hatte ein leitender katholischer Kirchenmitarbeiter, dem aufgrund einer Wiederheirat gekündigt worden war. Sowohl nach der im Kündigungszeitpunkt geltenden kirchlichen Grundordnung, als auch nach seinem Arbeitsvertrag, wurde ein Leben in kirchenrechtlich ungültiger Ehe als schwerwiegender Loyalitätsverstoß und damit Kündigungsgrund gesehen.

Als der Kläger sich weltlich scheiden ließ und einige Jahre später wieder heiratete, sprach die Beklagte eine Kündigung aus. Denn kirchenrechtlich war die zweite Ehe noch unzulässig. Der Kläger wehrte sich dagegen. Er sah insbesondere eine Ungleichbehandlung, da Arbeitnehmer ohne oder anderer Konfession bei einer Wiederheirat weder abgemahnt noch gekündigt wurden.

Der Kläger bekam zunächst in allen Instanzen Recht. Das daraufhin angerufene Bundesverfassungsgericht (BVerfG) war aber mit der Urteilsbegründung des BAG nicht so recht einverstanden und verwies den Rechtsstreit an das BAG „zur Korrektur“ zurück. Wenn der EuGH geklärt hat, ob Kirchen bei der Bewertung loyalen Verhaltens Unterschiede zwischen den Glaubensrichtungen machen dürfen, wird das BAG erneut entscheiden.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Altersdiskriminierung durch frühere Rentenmöglichkeit (BAG, Urt. v. 17.03.2016 – 8 AZR 677/14)

By Arbeitsrecht

Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz durchzieht das Arbeitsrecht in verschiedenen Konstellationen. Eine spezielle Ausprägung hat dieser Grundsatz in Form des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) gefunden. Liegt ein Verstoß gegen dieses Gesetz vor, kommt die Geltendmachung von Schadensersatz nach § 15 AGG in Betracht.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer jüngst ergangenen Entscheidung festgestellt, dass ein vertraglich vereinbartes Ende des Arbeitsverhältnisses zum 60. Lebensjahr keinen Fall von Altersdiskriminierung darstellt (BAG, Urt. v. 17.03.2016 – 8 AZR 677/14). Gegenstand des Verfahrens war ein Arbeitsverhältnis, in welchem der 1952 geborene Kläger in der Zeit von 1985-2012 bei dem beklagten Unternehmen der Automobilindustrie beschäftigt war. Das ursprüngliche Arbeitsverhältnis sah eine Beendigung mit dem Erreichen des 65. Lebensjahres vor. Im Jahr 2005 bot die Beklagte leitenden Führungskräften, zu denen der Kläger gehörte, eine Änderung des Arbeitsverhältnisses mit dem Konzept „60+“ an. Danach war eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem 60. Lebensjahr gegen Erhalt eines Kapitalbetrages vorgesehen. Der Kläger nahm dieses Änderungsangebot an.

Nach dem Ausscheiden des Klägers im Jahr 2012, erhielt dieser einen Kapitalbetrag i.H.v. EUR 123.120,00. Kurze Zeit später wurde das Konzept „60+“ durch ein neues Konzept „62+“ abgelöst. Der Kläger war der Auffassung, dass die Beklagte ihm dieses Vertragsangebot hätte unterbreiten müssen und verlangte eine Entschädigung, weil er zu früh aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei.

Ebenso wie die Vorinstanzen wies das BAG die Klage ab. Zunächst verneinte es eine Altersdiskriminierung durch das Vertragsangebot „60+“. Dieses Angebot wurde allen leitenden Führungskräften unterbreitet, so dass keine Diskriminierung wegen des Alters vorlag. Wegen der Umstellung des Konzepts auf „62+“ verweigerte das Gericht ebenfalls eine Entschädigung, da der Kläger zum Zeitpunkt des neuen Konzepts bereits aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden war.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Anspruch auf Lohnerhöhung (BAG, Urt. v. 15.07.2009 – 5 AZR 486/08)

By Arbeitsrecht

Aktuell hat es den Anschein, als ginge es der deutschen Wirtschaft so gut wie lange nicht. Wenngleich dieser Zustand nicht in Stein gemeißelt ist, wünscht sich sicherlich der ein oder andere Beschäftigte, an dem wirtschaftlichen Aufschwung teilzuhaben. Hierzu ist allerdings zu sagen, dass es keinen generellen Anspruch auf eine Lohnerhöhung gibt. Eine Lohnerhöhung ist entweder durch die Arbeitsvertragsparteien oder deren Interessenvertreter auszuhandeln. Wer also keinem Tarifvertrag unterliegt, ist auf sein eigenes Verhandlungsgeschick angewiesen. Wer einem Tarifvertrag unterliegt, ist davon abhängig, was für ihn ausgehandelt wird.

Ab und zu kommt es allerdings auch vor, dass ein Unternehmen bestimmte Mitarbeiter oder Mitarbeitergruppen verschieden entlohnen möchte. Dies kann es allerdings nur dann, wenn dafür sachliche Gründe vorhanden sind, so genannter Gleichbehandlungsgrundsatz. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer nicht sachfremd gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage schlechter stellen darf. Gewährt der Arbeitgeber aufgrund einer abstrakten Regelung eine freiwillige Leistung nach einem nachvollziehbaren Prinzip und grenzt damit die Gruppen ausreichend ab, kann dies eine unterschiedliche Entlohnung rechtfertigen.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte in einigen Entscheidungen hierzu Stellung genommen. Als zulässig hatte es das BAG erachtet, dass der Arbeitgeber die Arbeitnehmer von einer Lohnerhöhung ausnimmt, die in den Jahren zuvor, als es dem Betrieb schlechter ging, eine freiwillige Lohnkürzung nicht mitgemacht hatten (BAG, Urt. v. 15.07.2009 – 5 AZR 486/08). Der Arbeitgeber hatte nach Auffassung des BAG einen legitimen Zweck – Ausgleich des damals weggefallenden zusätzlichen Urlaubsgeldes – verfolgt. In einer anderen Entscheidung (BAG, Urt. v. 01.04.2009 – 10 AZR 353/08) sah das BAG wiederum eine Ungleichbehandlung, wenn der Arbeitgeber mit der Erhöhung des Weihnachtsgeldes eine Arbeitszeitverlängerung kompensieren wolle, allerdings in der Ankündigung der Erhöhung des Weihnachtsgeldes auch Anhaltspunkte dafür enthalten sind, dass die Zahlung auch die Betriebstreue und Beschäftigungsdauer belohnt und deswegen bestimmte Arbeitnehmer die Erhöhung nicht bekommen sollen.

 

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Gleichbehandlung bei Arbeitspflicht an Weihnachten und Silvester (BAG, Urt. v. 26.05.1993 – 5 AZR 184/92)

By Arbeitsrecht

Weihnachten und Silvester stehen vor der Tür. Damit beschäftigt die Frage, ob für diese Tage Urlaub zu nehmen ist, auch in diesem Jahr wieder die Betriebe. Grundsätzlich kann man festhalten, dass der 24. und 31. Dezember keine Feiertage sind und somit regulär gearbeitet werden muss. Gesetzliche Feiertage hingegen sind der 25. Und 26. Dezember sowie der 1. Januar und damit gemäß § 9 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) arbeitsfrei, sofern nicht eine Ausnahme nach § 10 ArbZG, zum Beispiel für Rettungsdienste oder Krankenhäuser vorliegt.

Besondere Vereinbarungen zur Arbeitspflicht an Weihnachten und Silvester können auch Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen sowie Einzelregelungen in den Arbeitsverträgen vorsehen. Darüber hinaus kann auch eine mehrjährige Praxis im Betrieb, sogenannte betriebliche Übung, dazu führen, dass eine Arbeitspflicht entfällt. Gibt der Chef also an diesen Tagen bezahlt frei, kann er nicht irgendwann ohne Grund von dieser Praxis abweichen.

Zu beachten ist auch der allgemeine Gleichheitsgrundsatz. Danach müssen sich die Arbeitnehmer, die im Betrieb „die Stellung halten“ auch in den Jahren abwechseln. Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz führt allerdings nicht so weit, dass etwa eine Teilzeitkraft, die bis 12:00 Uhr arbeitet an diesen Tagen auch frei bekommt, weil die Vollzeitbeschäftigten Mitarbeiter nur einen halben Tag arbeiten müssen und damit ab 12:00 Uhr Feierabend haben (BAG, Urt. v. 26.05.1993 – 5 AZR 184/92).

Wer also den 24. oder 31.Dezember im Kreis der Familie verbringen will, muss bei seinem Arbeitgeber Urlaub beantragen. Wenngleich das Bundesurlaubsgesetz keine halben Urlaubstage kennt, zeigen sich zu dieser Zeit die meisten Arbeitgeber kulant und ziehen für beide Arbeitstage nur einen Urlaubstag ab.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

Arbeitsrecht – Gleichbehandlung im Sozialplan (BAG, Urt. v. 17.11.2015 – 1 AZR 938/13)

By Arbeitsrecht

Betriebliche Entscheidungen und die Ausrichtung eines Unternehmens unterliegen nicht selten einem Wandel. Führt dies dazu, dass betriebliche Anpassungen zugleich eine Betriebsänderung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) darstellen, ist ein so genannter Interessenausgleich durchzuführen bzw. Sozialplan zu erstellen, §§ 111, 112 BetrVG. Ein Sozialplan kommt zustande, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat einigen; anderenfalls entscheiden der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit oder die Einigungsstelle am Arbeitsgericht.

Der Sozialplan soll nach dem Gesetz dem Ausgleich bzw. der Milderung der wirtschaftlichen Nachteile dienen, die einem Arbeitnehmer infolge einer Betriebsänderung entstehen. Der Sozialplan soll dabei sowohl einen Verlust eines Arbeitsplatzes kompensieren, als auch eine Hilfe dafür sein, die Zeit bis zu einem neuen Beschäftigungsverhältnis zu überbrücken. Diese Argumentation des Bundesarbeitsgerichts führt allerdings dazu, dass in Sozialplänen auch Sonderregelungen für Arbeitnehmer, die schnell ein neues Beschäftigungsfeld befinden oder kurz vor Erreichen des Rentenalters stehen, getroffen werden können.

In einer aktuellen Entscheidung hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urt. v. 17.11.2015 – 1 AZR 938/13) die Frage zu entscheiden, ob bei einer Abfindungsberechnung in einem Sozialplan für schwerbehinderte Arbeitnehmer eine andere Bemessung zulässig ist, als für alle anderen Arbeitnehmer. In der Sozialplanregelung sollten Mitarbeiter, die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Schwerbehinderung eine Rente beanspruchen können, knapp 30.000 € Abfindung weniger erhalten. Trotz des Differenzierungsmerkmals der Rentennähe, sah das BAG eine unmittelbar an das Merkmal der Schwerbehinderung knüpfende Ungleichbehandlung und bestätigte die Vorinstanzen, die dem klagenden Arbeitnehmer den Differenzbetrag aus dem Sozialplan zugesprochen hatten.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael