Nicht erst seit den Enthüllungen von Edward Snowden ist das Thema „Whistleblowing“ in den Fokus gerückt. Für den betroffenen Arbeitnehmer, der entweder im Unternehmen oder bei der Staatsanwaltschaft etwas anzeigt oder aber im Zuge von Ermittlungen etwas aussagen soll, bedeutet derartiges eine nicht ungefährliche Zwickmühle. Nicht zuletzt deshalb, weil vieles gesetzlich nicht geregelt ist und es unterschiedliche Rechtsauffassungen gibt.
Erstattet der Arbeitnehmer zu Unrecht eine Anzeige, kann dies einen Kündigungsgrund darstellen. Unter anderem wird bei der Beurteilung, wie der Arbeitgeber reagieren darf, unter anderem weiter danach gefragt, ob nicht auch innerbetrieblich die Angelegenheit hätte geklärt werden können, ob die Anzeige zumindest leichtfertig gestellt wurde, welche Motive der Arbeitnehmer hatte und wie hoch der Schaden für den Arbeitgeber ist (EGMR, 21.7.2011 – 28274/08).
Ebenfalls schwierig für den Arbeitnehmer wird es, wenn er im Zuge von Ermittlungen im Unternehmen zur Aufklärung eines Sachverhalts befragt wird. Die grundsätzlich bestehende Aussage-und Mitwirkungspflicht steht hier z.B. dem Recht zur Aussageverweigerung wegen möglicher Selbstbelastung im Strafverfahren gegenüber. In der Rechtswissenschaft gibt es daher erheblichen Streit darüber, ob der Mitarbeiter in einer solchen Konstellation schweigen darf. Ob eine Verdachtskündigung wegen einer Auskunftsverweigerung, etwa wegen Erinnerungslücken, gerechtfertigt ist, dürfte fraglich sein.
Insgesamt ist zu erkennen, dass die Forderungen nach einer ausreichenden Regelung zu einem Schutz von betroffenen Arbeitnehmern nicht ohne Grund erhoben werden.
Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael