Der Besucher einer Mieterin verlässt an einem kalten Januarmorgen das Miethaus und stürzt auf einem schmalen, nicht beräumten Streifen eines öffentlichen Gehweges nahe des Grundstückeingangs, wo ein Weg, der im Eigentum der Vermieterin steht, zum Eingang des Miethauses führt.
Der Weg, der zum Hauseingang führt, war von einer seitens der Eigentümerin beauftragten Firma mehrfach zumindest teilweise beräumt und gestreut worden. Nachdem der Besucher der Mieterin diesen beräumten Streifen der privaten Zuwegung unfallfrei durchquert hatte, stürzte er unmittelbar im Eingangsbereich auf dem unberäumten öffentlichen Gehweg und zog sich Frakturen am Knöchel zu.
Auf Ersatz seines entstandenen Schadens nahm der Besucher nun die Vermieterin in Anspruch, da diese den öffentlichen Gehweg nicht beräumt hatte. Nachdem bereits die Vorinstanzen die Klage des Besuchers abgewiesen hatten, entschied auch der Bundesgerichtshof (Urteil vom 21.2.2018 – VIII ZR 255/16) gegen den Besucher und für die Vermieterin.
Zwar stellte der Bundesgerichtshof klar, dass nach seiner Auffassung der Vermieter aus dem Mietvertrag und aufgrund seiner Verkehrssicherungspflichten verpflichtet sei, dem Mieter und seinen Besuchern den (ungehinderten) Zugang zum Miethaus zu gewähren und hierzu die auf dem betreffenden Mietgrundstück befindlichen Zuwegungen zu räumen und zu streuen. Doch beträfe diese Streu- und Räumpflicht grundsätzlich nicht die öffentlichen Grundstücke. Gerade auf einem solchen öffentlichen Grundstück war der Besucher jedoch gestürzt, sodass der Bundesgerichtshof eine Haftung der Vermieterin ausschloss.
Doch Achtung! Eine Streu- und Räumpflicht besteht laut Bundesgerichtshof für öffentliche Grundstücke nur dann nicht, wenn die zuständige Gemeinde diese nicht auf die Grundstückseigentümer übertragen hat. Sehen demnach öffentlich-rechtliche Vorschriften eine Verpflichtung des Vermieters zum Winterdienst für öffentlichen Verkehrsraum vor, ist dieser einstandspflichtig, wenn einem Mieter oder einem Dritten ein Schaden entsteht, weil der Vermieter seiner Verpflichtung zur Beräumung und Streuung des öffentlichen Verkehrsraums nicht nachgekommen ist.
Zusammenfassend kann daher zunächst davon ausgegangen werden, dass es dem Vermieter grundsätzlich nicht obliegt, öffentliche Grundstücke zu beräumen oder zu streuen. Eine Ausnahme lässt der Bundesgerichtshof allerdings auch ohne öffentlich-rechtliche Räumpflicht zu, wenn „ganz außergewöhnliche Umstände“ vorliegen. Welche Umstände dies sein können, ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar, da das Urteil noch nicht vollständig veröffentlicht ist. Im vorliegenden Fall sah der Bundesgerichtshof jedenfalls keine solchen Umstände als gegeben an.
Autor: Rechtsanwalt Sebastian Hohmann